Full text: Theogonie nach den Quellen des classischen, hebräischen und christlichen Alterthums (9. Band)

459 dichten dem Gott nicht Traurigkeit an, denn diese ist selbst 
bei den Menschen Krankheit oder Fehler, vöonαν.“ (Heraclid. P. 
Alleg. Hom. P. 466. Opusc. Mythol. Gale.) Wir kommen hier 
wieder auf die gemüthliche Verbindung (das Hendiadys) von 
Gott und Mensch, nur daß hier derselbe Gedanke einmal im 
Positiv, das andre Mal im Superlativ ausgedrückt wird. Aber 
zerreißt nicht dieses communistische Band von Gott und Mensch 
die Bibel, wenn sie spricht: „Niemand ist gut, denn der einige 
Gott?“ (Matth. 19, 17.) Nein! denn der Sinn ist: Niemand 
ist so gut, wie Gott, Niemand vollkommen, Niemand im höchsten 
Grade gut. Freilich kann man auch in der Begeisterung für den 
höchsten Grad nur dem Besten den Namen des Guten, nur dem 
Weisesten den Namen des Weisen, nur dem höchsten Wesen den 
Namen und Rang des Wesens einräumen. Tout ce qui n'est pas 
Dieu mest rien. ELebid, arabischer Dichter zur Zeit Muhameds.) 
Der Kultus. 
Wie der Grundstoff, das Grundwesen der Götter das mensch— 
liche Wesen ist, so sind auch die (positiv) religiösen Gefühle und 
Gesinnungen, d. h. die auf die Götter sich beziehenden Gefühle 
und Gesitnnungen rein menschliche; denn sie unterscheiden sich 
nicht von den Gefühlen und Gesinnungen, die der Unterthan sei— 
nem König, der Schützling seinem Beschützer, der Knecht oder 
Diener seinem Herrn, das Kind seinem Vater gegenüber hat. 
Gott ist der Herr der Welt, der Menschen, aber nur weil er 
sie gemacht oder hervorgebracht. Der erste, ursprüngliche Herr 
ist der Vater — daher auch der erste Bindestoff der Menschheit 
Feuerbach's sämmtliche Werke. IX. 23 
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