Interferenzschichten-Mikroskopie in der Metallographie
GERT JACKEL, HANS-EUGEN BÜHLER
(Forschung der August Thyssen-Hütte AG., Duisburg-Hamborn)
1. Einleitung
Das Ätzen, als klassische Methode zur Sichtbarmachung eines Gefüges, wird auch heute noch
in vielen Fällen empirisch gehandhabt. Der Metallograph wendet bekannte Ätzlösungen nach
Vorschrift an, oder versucht, ihnen durch „hauseigene Zusätze“ eine spezifische Aussage-
fähigkeit zu verleihen. Erfolg und Mißerfolg der Gefügeentwicklung liegen bei dieser
rezeptiven Arbeitsweise eng nebeneinander.
Erst in den letzten 10 bis 15 Jahren wurden in der Metallographie mit der genauen elektro-
chemischen Beschreibung des Ätzvorgangs‘”? und der Nutzbarmachung der Kenntnisse aus
der Optik dünner Schichten? “* ernsthafte Schritte unternommen, die metallographische
Verfahrensentwicklung mehr als vorher von der reinen Empirie zu lösen.
In einem Beitrag zu diesem Tagungsband wurden Theorie und Praxis des elektrolytischen
Ätzens eingehend von G. Grützner und H. J. Schüller” behandelt. Im folgenden Beitrag
sollen die Grundlagen des Interferenzschichten-Verfahrens allgemein beschrieben und seine
bisherigen und zukünftigen Einsatzmöglichkeiten in der metallographischen oder metall-
kundlichen Arbeit erörtert werden.
2. Allgemeines zum Verfahren
Das Interferenzschichtenverfahren nach Pepperhoff unterscheidet sich von den klassischen
metallographischen Ätz- oder Mikroskopierverfahren dadurch, daß ein ausreichend kontrast-
reiches mikroskopisches Bild ohne chemischen Angriff der Objektoberfläche oder Eingriff in
den Mikroskopstrahlengang erzeugt werden kann. Die in der Interferenzschichten-
Mikroskopie notwendigen Verfahrensschritte zeigt schematisch Fig. 1. Ein metallographi-
sches Objekt mit den Phasen A und B wird in sorgfältig poliertem Zustand im Vakuum von
kleiner 10°* Torr mit einer interferenzfähigen Schicht bedampft. Als Schichtwerkstoffe
werden sowohl absorptionsfreie®: 7? wie auch absorbierende® Schichtsubstanzen eingesetzt.
Die Wirkung einer Einfachschicht kann auch durch ein Mehrschichtensystem erreicht
werden, das durch alternierendes Aufdampfen zweier Schichtwerkstoffe aufgebaut wird.
Bei mikroskopischer Beobachtung des Schliffes im weißen Licht erscheinen die Phasen A
und B nach der Bedampfung in einem mehr oder weniger großen Farbkontrast. Die
Schwarz-Weiß-Photographie setzt diese Farbunterschiede meist in einen ausreichend starken
Hell-Dunkel-Kontrast um. Bei monochromatischer Beobachtung, etwa durch Einführung
eines Verlauffilters oder auch monochromatischer Einzelfilter in den Mikroskopstrahlengang,
können die spektralen Helligkeitsunterschiede zwischen den Gefügebestandteilen weiter
verstärkt und damit der Hell-Dunkel-Kontrast vergrößert werden.
Mit der in Fig. 1 gezeigten Übersicht ist das Interferenzschichtenverfahren für all diejenigen
hinreichend genau beschrieben, die es wie die gebräuchlichen anderen Ätzverfahren nur zur
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