Eine mathematisch-statistische Methode zur Entwicklung
metallographischer Richtreihen
MANFRED WOLF, JOSEF SKOF
Forschungs- und Entwicklungsabteilung und Rohrwalz- und Profilpreßwerk der Schoeller-
Bleckmann Stahlwerke AG, Ternitz
1. Einleitung
Die Qualitätskontrolle metallischer Werkstoffe bedient sich häufig der metallographischen
Prüfung. Diese zählt zu den zerstörenden Prüfverfahren und besteht grundsätzlich aus den
Verfahrensschritten der Probenahme, der Schliffherstellung und -präparation sowie der
Schliffbetrachtung und Beurteilung.
Die metallographische Prüfung zielt auf die Erfassung der Homogenität des Gefügezustandes
(bzw. des Heterogenitätsgrades als Reziprokwert) sowohl im Mikro- als auch im
Makrobereich. Bekannte Homogenitätskenngrößen im Mikrobereich sind Einschlußgehalt,
Korngröße, Karbidgröße und -verteilung sowie Entkohlung, im Makrobereich vor allem
Seigerungen und Innendichtheit.
Um die Betrachtung und Beurteilung objektiv und rasch zu gestalten, wird in zunehmendem
Maße versucht, auch diesen Schritt zu automatisieren. Das bekannteste Ergebnis ist das
quantitative Fernsehmikroskop (QTM), das in „on-line‘“-Schaltung mit einem Computer
einfache Meßgrößen wie Korn- oder Karbidgröße rasch und exakt erfassen kann, dazu auch
das Mengenverhältnis zwischen Meßgröße und Prüfstück. Sind komplexere Kenngrößen, vor
allem deren Form und Verteilung, zu erfassen, so muß die Prüfung nach wie vor vom
Laboranten durchgeführt werden, wobei meist nicht eine Messung, sondern eine Schätzung
der zu betrachtenden Größen durchgeführt wird. Um das schätzende Beurteilen zu
erleichtern bzw. auch zu standardisieren, werden die einzelnen Homogenitätskenngrößen
üblicherweise in einige wenige Klassen unterteilt und jede Klasse durch ein Standard-Bild
innerhalb einer sog. „Richtreihe‘“ dargestellt. Einige Verfahren, z. B. die Einschlußzählung
nach Jernkontoret, sehen außerdem angenommene Qualitätsfaktoren für die einzelnen
Klassen vor, um so die „Schwere‘ der Abweichung vom ideal homogenen Zustand zu
gewichten und damit eine Qualitätswertzahl zu bilden.
Eine Gewichtung der Güteklassen, die dic „Fehlerschwere‘ hinreichend charakterisieren
würde, ist überdies bis jetzt bei keiner dieser Methoden zufriedenstellend realisiert worden.
2. Grundlagen der neuen Methode
Es soll daher im folgenden ein neues Verfahren‘ zur Entwicklung metallographischer
Richtreihen beschrieben werden, das sich auf eine ebenfalls neue Methode der Gewichtung
von Fehlerklassen stützt”. Abweichend von bisherigen Richtreihen war es Zielsetzung des
gegenständlichen Verfahrens, die Bild-Standards selbst mittels Gewichtungsfaktoren zu
kennzeichnen, um direkt aus der Schliffbeurteilung eine aussagekräftige und reproduzierbare
Qualitätskennzahl zu gewinnen. Grundvoraussetzung dieses Verfahrens ist die messende
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