Untersuchungen über die Abtragsgeschwindigkeit beim Diamantpolieren
HANS ECKART EXNER, KARIN KUHN
(Max-Planck-Institut für Metallforschung, Institut für Sondermetalle, Stuttgart)
1. Einleitung
Heute, ein volles Jahrhundert nach den ersten erfolgreichen Untersuchungen von metallo-
graphisch präparierten Oberflächen: 1 bis 4 ist die Herstellung einwandfreier Anschliffe noch
nicht völlig problemfrei. In der Praxis ersetzen häufig Rezepte das Verständnis der den
Präparationsverfahren zugrunde liegenden Vorgänge; so daß immer wieder zeitraubende
Fehlergebnisse oder irreführende Oberflächenstörungen auftreten können, wenn neue Werk-
stoffe metallographisch untersucht werden. Eine wesentliche Fehlerursache liegt darin, daß
als Ziel des Schleifens und Polierens häufig eine spiegelnde, d. h. möglichst ebene Oberfläche
gesehen wird. Das mag für das Polieren von Fertigteilen, bei denen ein dekorativer Glanz
angestrebt wird, zutreffen und in Sonderfällen auch für routinemäßige Schliffbetrachtungen,
bei denen Schmier- und Verformungsschichten nur wenig stören, ausreichen. Ein einwand-
freier Schliff soll jedoch den wahren Zustand des Probeninneren wiedergeben, d.h. die
Störungen in der Oberflächenschicht müssen so geringfügig sein, daß die nachfolgenden
OUT optischen oder mechanischen Untersuchungen davon nicht beeinträchtigt werden. Auf diese
Forderung wird besonders eindringlich in neueren Übersichtsarbeiten” °!$ 7 hingewiesen.
Da die Verformungstiefe die Kratzertiefe um ein Vielfaches übersteigt, müssen häufig erheb-
liche Materialmengen abgetragen werden. Es ist daher für eine optimale Führung der Schliff-
herstellung wichtig, die Dicke der gestörten Schicht zu kennen und zu wissen, wie diese am
schnellsten abgetragen werden kann. Zu diesen Fragen liefern die im folgenden beschrie-
benen Ergebnisse einen Beitrag, die bei der Untersuchung des Zähigkeitsverhaltens von Hart-
metallen® vis 9 anfielen und die frühere Beobachtungen® bestätigen und ergänzen.
2. Versuchsdurchführung
Die Versuche wurden an einer feinkörnigen Hartmetallsorte (93 Gew.-% WC, 0,8 Gew.-%
TaC, 0,2 Gew.-% NbC, 6 Gew.-% Kobalt, mittlere lineare Korngröße etwa 0,5 um, Vickers-
härte 1740 kp/mm?) durchgeführt. Zum Vergleich wurde ein kohlenstoffarmer Massenstahl
(St 37, Vickershärte 200 kp/mm?) hinzugezogen. Als Probenform wurden zylindrische
Platten verwendet (Hartmetall 25 mm Durchmesser und 5 mm Höhe, Stahl 20 mm Durch-
messer und 8 mm Höhe). Die Hartmetallproben waren im Anlieferungszustand an den Stirn-
flächen mit gebundenen Diamantscheiben vorgeschliffen (Superfix-Scheibe Typ B 212,
Körnung 150 um, Konzentration 75, Umfangsgeschwindigkeit 22 m/sec). Die Stahlproben
wurden vor dem Polieren auf Siliziumkarbidpapier (Körnung 220) naß auf einer rotierenden
Scheibe geschliffen.
Die Polierversuche wurden mit einer automatischen Poliermaschine (Struers DPU, 300 UpM)
durchgeführt. Die Vickerseindrücke wurden mit einem Universalhärteprüfer der Firma
Wolpert erzeugt; die Ausmessung der Eindrücke und der Risse erfolgte lichtmikroskopisch
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