Mikrosondenuntersuchungen an Temperguß
KLAUS MAIER
(Institut für Metallkunde und Werkstoffprüfung, Montanistische Hochschule, Leoben)
1. Einleitung und Fragestellung
Temperguß ist eine Eisen-Kohlenstofflegierung, die in weiß erstarrter Form vorliegen soll.
Um die gewünschten mechanischen Eigenschaften zu erzielen, wird der Temperguß einer
Glühung unterzogen, bei der es zur Bildung von elementarem Kohlenstoff, der Temperkohle
kommt. Die Elemente Schwefel und Mangan üben nun einen sehr großen Einfluß auf die
Ausbildungsform des Graphites aus. Fig. 1! zeigt, daß mit steigendem Schwefel/Mangan-
Verhältnis die Temperkohle von der flockigen Form zum Knoten übergeht und schließlich
die gleiche Struktur aufweisen kann, wie eine aus der Schmelze ausgeschiedene Graphitkugel.
Diese Abhängigkeit der Ausbildungsform des Graphits vom Schwefel-Mangan-Verhältnis wird
aus den analytischen Werten vom Gesamtschwefel und Gesamtmangan gewonnen.
Um aber die Verteilung dieser Elemente zwischen Ferrit und Zementit zu bestimmen? ?,
wurden in den bisher veröffentlichten Untersuchungen vor allem rückstandsanalytische
Methoden angewendet. Da aber bei der Erstarrung nach *» ° eine Entmischung in eine
eisenreiche und eine sulfidreiche Schmelze auftritt, wobei Mangansulfid ausgeschieden wird,
taucht zwangsläufig die Frage auf, welche in der Grundmasse gelöste Mengen an Mangan und
Schwefel letztlich für eine Beeinflussung der Temperkohleausbildung zur Verfügung stehen.
2. Versuchsergebnisse
Für die eigenen Versuche wurden daher Probenserien abgegossen (Tabelle 1), die bei
gleichem Kohlenstoff- und Siliziumgehalt einen steigenden Schwefelgehalt aufwiesen. Da
sich bei der Erstarrung Mangansulfid ausscheidet, läßt sich aus dem Sollmangangehalt,
d.i.= 1,7% S, jener Manganüberschuß errechnen, der bei der Erstarrung nicht an das
Mangansulfid abgebunden wird.
AMn=%Mn-1,7%S (?)
Fig. 2a zeigt für die Zusammensetzung nach Tabelle 1 den Manganüberschuß in Abhängigkeit
vom Gesamtschwefelgehalt des Tempergusses. Man erkennt, daß mit steigendem Gesamt-
schwefelgehalt der Manganüberschuß sinkt. Dies steht in Übereinstimmung mit den Arbeiten
von S. Drapal” , der bei rückstandsanalytischen Untersuchungen an isoliertem ledeburiti-
schem und perlitischem Zementit die gleiche Abhängigkeit fand.
J. Charbonnier und J. C. Margerie® stellten später durch direkte Messungen mit der Mikro-
sonde fest, daß das Mangan im Temperrohguß nicht gleichmäßig verteilt ist, sondern Unter-
schiede im Mangangehalt zwischen Dendritenmitte und Dendritenrand bestehen; das
Manganverhältnis steigt mit steigendem Manganüberschuß von Dendritenrand zu Dendriten-
mitte an. Fig. 2b zeigt dazu die quantitative Auswertung der eigenen Mikrosondenmessungen
für das Mangan. Der Unterschied im Mangangehalt zwischen Dendritenmitte und Dendriten-
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