Elektronenmikroskopische Untersuchungen
an wechselverformten heterogenen Metallen
KARL LEOPOLD MAURER, RUPERT ROSEGGER
(Institut für Metallkunde und Werkstoffprüfung, Mont. Hochschule Leoben und Eisenwerk
Breitenfeld)
1. Einleitung
Zahlreiche Arbeiten haben in letzter Zeit einiges zur Klärung der Vorgänge bei der Wechsel-
verformung beigetragen (Zusammenfassungen! °is 5). Aber selbst bei flächenzentrierten
Reinmetallen hoher Stapelfehlerenergie, die heute schon am weitesten erforscht erscheinen,
sind noch zahlreiche Fragen offen, wie z.B. die Rißentstehung, die Rißfortpflanzung, die
Wege des Bruchgeschehens, die Entstehung der Dauerbruchstreifen, usw.
Der überwiegende Teil der technisch verwendeten metallischen Werkstoffe, die einer
Wechselverformung ausgesetzt sind, haben einen heterogenen und meist auch mehrphasigen
Aufbau. Es erscheint daher notwendig, die Untersuchungen über die Wechselverformungs-
vorgänge auch auf solche Werkstoffe auszudehnen. Wenn auch die Grundlagen der Wechsel-
verformung zur Zeit selbst für reine Metalle durchaus noch nicht geklärt sind, so lassen sich
doch bei Einbeziehung technischer metallischer Werkstoffe in die Untersuchung, über die
bisher in der Literatur wenig zu finden ist, erste Anhaltspunkte über das Werkstoffverhalten
mehrphasig aufgebauter Stoffe bei zyklischer mechanischer Beanspruchung in der Praxis
geben.
In vorliegender Arbeit wurden in Fortsetzung der bei der Wechselverformung von
Aluminium und Kupfer gewonnenen Erkenntnisse®» 7 elektronenmikroskopische Unter-
suchungen an einer wechselverformten weichgeglühten sowie an einer ausgehärteten
Al-Mg-Zn-Legierung mit 0,15 % Fe, 1,04 % Mg, 4,62 % Zn und einem unlegierten Stahl mit
—0,7%C sowohl weichgeglüht, als auch normalisiert durchgeführt. Weiterhin wurden an
allen Proben die Dauer- und Restbrüche mit einem elektronenmikroskopischen Zweistufen-
abdruck Plastik-Kohlenstoff und vergleichsweise rasterelektronenmikroskopisch untersucht.
2. Versuchsdurchführung und Ergebnisse
2.1. Wechselverformung einphasiger Metalle
Werden einphasig aufgebaute Metalle mit hoher Stapelfehlerenergie einer Wechselbean-
spruchung um die Mittelspannung O ausgesetzt, so entstehen abhängig von der Spannungs-
bzw. Dehnungsamplitude an der Probenoberfläche verschiedene Gleiterscheinungen, von
denen der Dauerbruch überwiegend seinen Ausgang nimmt. Elektronenmikroskopische
Dünnfilmdurchstrahlungen sehr nahe an der Probenoberfläche zeigten?» °, daß in den
sogenannten Ermüdungsbändern räumliche Zellnetzwerke aus Versetzungsringen gebildet
werden, deren leiterartige Anordnung den im Lichtmikroskop beobachteten Oberflächen-
erscheinungen, den sogenannten „intrusions‘“ und „extrusions“ entsprechen.
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