Full text: Fortschritte in der Metallographie

Einfluß von Aluminium und Sauerstoff auf das Gefüge und andere 
Eigenschaften von Titan technischer Reinheit 
MANFRED LEDERER, UTE SCHWARZ, ULRICH ZWICKER 
(Institut für Werkstoffwissenschaften II, Werkstoffkunde — Technologie der Metalle, Uni- 
versität Erlangen-Nürnberg) 
1. Einleitung 
Sowohl Aluminium als auch Sauerstoff sollen im a-Mischkristall des Titans bis zu Gehalten 
von über 10 At.-% löslich sein. Aluminium löst sich dabei als Substitutions- und Sauerstoff 
als Einlagerungs-Mischkristall. Die Art der Anordnung von Versetzungen wird bereits bei 
niedrigen Konzentrationen verändert. Bei einer Konzentration von etwa 6 Gew.-% Al 
(10,2 At.-%) bzw. unter 0,38 Gew.-% O0 (1,2 At.-%) geht das zellenartige Versetzungsnetz- 
werk, das sich in technisch reinem Titan bei einer plastischen Verformung von etwa 5 % 
bildet, in eine mehr linienförmige Versetzungsstruktur über (Fig. 1)!’ ?. Es lag deshalb die 
Vermutung nahe, daß ähnliche Ursachen für die Bildung dieser Versetzungsstruktur trotz 
unterschiedlicher Art von Mischkristallbildung maßgebend seien. . 
Die Figs. 2a und b geben die titanreichen Teile der beiden Systeme Titan-Aluminium? 9is 1° 
und Titan-Sauerstoff!! bis 15 wieder. Wie Fig. 2a zeigt, wird die Bestimmung der Phasen- 
grenze zwischen dem a-Mischkristall und dem Gleichgewicht zwischen a-Mischkristall und 
az (Tiz Al) durch die Vorbehandlung und Auslagerungszeit beeinflußt. Bei tiefen Tempera- 
turen verschiebt eine lange Auslagerungszeit® die Phasengrenze zu niedrigeren Aluminium- 
gehalten als eine kürzere Auslagerungszeit” wie die Punkte bei den verschiedenen Auslage- 
rungszeiten zeigen. Die in Fig. 2b eingetragenen Bereiche von TigO und TizO wurden in 
erster Linie durch thermische Analyse, Leitfähigkeits- und Mikrohärtemessungen fest- 
gelegt! *>!*_ Die Phase Tiz O ist durch ein Schmelzpunktsmaximum gekennzeichnet! !. Da 
bei niedrigen Legierungskonzentrationen der Bereich der Bildung der Ordnungsphasen 
röntgenographisch oder durch Elektronenbeugung kaum zu erfassen ist, sollte versucht 
werden, durch Überlegungen der möglichen Ordnungsstrukturen und durch Messungen der 
Anisotropie des a-Mischkristalls weitere Aufschlüsse für das Verhalten der Titan-Aluminium- 
und Titan-Sauerstoff-Legierungen zu erhalten. 
Die Gitterstruktur des Ordnungszustandes Tiz Al unterscheidet sich von den sich ähnelnden 
Strukturen der Ordnungszustände TigO, TizO und Ti,O. Fig. 3a zeigt das Gitter von Ti; Al 
(Typ DO,9, Raumgruppe P63/mmc). Die hexagonale a-Achse des Titans ist dabei ver- 
doppelt. Die Einheitszelle besteht aus 8 Atomen (6 Titanatome und 2 Aluminiumatome), 
wobei die Titanatome in Richtung zu den Aluminiumatomen hin um etwa 15 % verschoben 
sind? 7, Diese Lageänderung beruht auf den hohen Bindungskräften zwischen Titan und 
Aluminium. In. den Ordnungszuständen TigO, Ti3O und Ti, O im System Titan-Sauerstoff ist 
nur jede zweite Ebene der Oktaederlücken im hexagonalen System, die parallel zur Basis- 
ebene liegen, besetzt (Fig. 3b). Diese bevorzugte Besetzung jeder zweiten Ebene wurde 
bereits bei 3,2 Gew.-% O0 (9 At.-% O0) beobachtet!*. Mit zunehmendem Sauerstoffgehalt 
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