Full text: Fortschritte in der Metallographie

272 Prakt. Met. Sonderband 41 (2009) 
Schutzgas bewirkt, dass das eingesetzte gewalzte, kaltverfestigte Material durch Erholung, Korn- 
neubildung und Kornwachstum eine deutliche Verbesserung der Kaltumformbarkeit erfährt. Ein im 
Prozessablauf auftretender Temperaturabfall kann zu einer nicht vollständigen Rekristallisation, 
eine übermäßige Temperaturerhöhung zu weiterem Kornwachstum bis zu einem nicht gewünschten 
Umwandlungsgefüge führen. Signalverlaufsänderungen geben die eingestellten Gefügezustände 
bedingt durch die Veränderung der magnetischen Eigenschaften wieder. Die Verknüpfung von 
Signalveränderung und Gefügezustand geht einher mit einer genaueren Charakterisierung des ein- 
gestellten Gefüges. 
3 Experimentelle Untersuchungen 
Basis für Gefügeauswertungen mit HACOM-Signalen ist eine exakte metallographische Beschrei- 
bung des Gefüges der verschiedenen Stahllegierungen mit feuerverzinkten Oberflächen. Die Cha- 
rakteristik des Materialzustandes mit Korngröße, Rekristallisations- und Umwandlungsgefüge soll 
in Simulationsversuchen an IF-Stahllegierungen (Tiefziehgüten) dargestellt und durch Beprobungen 
von Bändern aus den Feuerverzinkungslinien verglichen und bewertet werden. 
3.1 Glühsimulationsversuche und Ergebnisse 
Zur Darstellung der Gefügeentwicklung während des Rekristallisationsprozesses wurden in Glüh- 
simulationsversuchen weiche und höherfeste, ferritische IF-Stähle in Anlehnung an den Feuerver- 
zinkungsprozess mit 750°C, 800°C, 850°C, 911°C und 950°C Glühtemperatur durchgeführt. Nach- 
dressierte Tafeln wurden mit einem in der Produktion genutzten HACOM-Messsystem quer zur 
Walzrichtung gemessen. Zur besseren Vergleichbarkeit erfolgten die metallographischen Untersu- 
chungen an den geschliffenen Proben ebenfalls quer zur Walzrichtung. Für die objektive Bestim- 
mung von Gefügekennwerten kam das Leica OX Grain Modul für die Korngrößenbestimmung zum 
Einsatz [4]. 
Die Anwendung des Bildanalysenprogramms erfordert eine klare Abgrenzung und vollständige 
Entwicklung der Körner. In Abhängigkeit von der Glühtemperatur konnten teilweise rekristallisier- 
te, vollständig rekristallisierte und umgewandelte Gefüge mit der Farbniederschlagsätzung nach 
Klemm dargestellt sowie Kornwachstum für weiche und höherfeste IF-Stähle nachgewiesen wer- 
den. Die Klemm-Ätzung zeigte für die Bildung grober Körner höherfester IF-Stähle Phosphorseige- 
rungen an ehemaligen kleineren Rekristallisationskörnern. Eine Differenzierung von gewachsenen 
Rekristallisationskorn und Umwandlungskorn bei gleicher Korngröße war schwierig. Subjektiv 
bewertete Kornform und die zerstörend ermittelten mechanischen Kennwerte ließen auf ein umge- 
wandeltes Gefüge schließen. 
Die Verläufe der Gefügekennwerte mit den offline gemessenen HACOM Signalamplituden zeigte 
im ersten Ansatz bei einer großen Anzahl der 48 Messsignale ein ähnliches Verlaufsbild für beide 
IF-Stahlsorten. Für das Umwandlungsgefüge und für das nicht vollständig rekristallisierte Gefüge 
veränderten sich die HACOM-Signale zu erhöhten Amplitudenwerten (Bild 1). Die Anzahl der 
noch vorhandenen freien Versetzungen im nicht vollständig rekristalliserten Gefüge ist eine Erklä- 
rung für die Höhe des HACOM-Signalwertes. Für das Umwandlungsgefüge hingegen hätte ein 
Abfall der Signalhöhe durch Temperatureinfluss bedingtes Kornwachstum und versetzungsarmes 
Gefüge die Folge sein müssen. Das umgekehrte Verhalten wies auf ein mit mehr Störstellen ausge- 
bildetes Gefüge hin. Weitere Ätzversuche sollten zur Klärung beitragen. 
Das mit Pikrinsäure entwickelte Umwandlungsgefüge der höherfesten IF-Stähle zeigte neben den 
unregelmäßig, teils nadelig geformten Korngrenzen ein grobes Korn mit kleineren runden Körnern. 
Die Ausbildung ähnelt der durch Wachstum von Ferritnadeln in das Austenitkorn gebildeten Bai-
	        
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