70 Prakt. Met. Sonderband 41 (2009)
Mit einer Historie von über 5000 Jahren gilt die Zwiebel (Allium cepa) als eine der ältesten
Kulturpflanzen überhaupt. Sie gehört zu den einkeimblättrigen Pflanzen (Liliopsida, Asparagales),
und hier speziell zur Familie der Lauchgewächse. Abgesehen von ihrer medizinischen Wirkung,
haben bestimmte Inhaltsstoffe der Zwiebel auch technische Bedeutung. So ist z. B. der Gehalt von
Calciumoxalat fiir die Anwendung als Bleich— und Beizmittel in Firbereien verantwortlich. Es ist
bekannt, dass sich die Oxalat-Kristalle offenbar hauptséchlich in der Zwiebelschale anreichern, wo
sie der Pflanze vor allem als FraBverteidigung dienen. Ob sie darüber hinaus weitere strukturelle
Funktionen aufweisen und beispielsweise zur Festigung des Gewebes beitragen, lässt sich nur durch
eine detaillierte dreidimensionale Charakterisierung der Grenzflächen zwischen Kristall und der aus
Zellwand-Polymeren bestehenden biologischen Matrix feststellen.
Die metallographische Probenpräparation stellt eine wichtige Möglichkeit dar, die bereits seit
längerem für dünnschichtige Zellkulturen und Materialanalyse separat etablierte LC-PolScope
Technologie zu einem universellen Werkzeug für die schnelle und sensitive Analyse pflanzlicher Bild 1: Kri
Materialien weiterzuentwickeln. Hier stellt neben dem Einfluss von Umgebungsparametern Lei
(insbesondere Feuchtigkeit) vor allem die Heterogenität pflanzlicher Materialien hinsichtlich
Kristalldoppelbrechung, Formdoppelbrechung und Spannungsdoppelbrechung eine große Wie der V
Herausforderung dar (Oldenbourg 2004), der man nur durch konsequente vergleichende Matrix un
Strukturanalyse auf unterschiedlichen Längenskalen begegnen kann. In der vorliegenden Arbeit stärkeren
stellte sich heraus, dass sich insbesondere die Zwiebelschale hervorragend eignet, um einen der organ
Standard für komplex strukturiertes, mineralisiertes pflanzliches Material zu definieren. stellt fur
Zwiebelschalen wurden im nativ getrockneten Zustand vergleichend mit PolScope- und gewissen
herkémmlicher Polarisationsmikroskopie in verschiedenen Abbildungsmodi (Schumann 1990), und treten.
sowohl unbehandelt als auch in metallographisch priparierter Form untersucht. Darauf basieren
weitere Strukturuntersuchungen wie beispielsweise EDX und REM. 2.2 Ve
Im Durch
2 Lichtmikroskopische Untersuchung Kontrast :
zeigt, ersc
oo } . polarisiert
Als Voruntersuchung wurden unterschiedliche Beleuchtungsarten an unpréparierten Zwiebelschalen
ausgetestet. Die Schalen wurden stets von der konvexen Außenseite her untersucht.
2.1 Vergleich Durchlicht — Auflicht im polarisierten Licht: Abbildung der Kristalle
Während es in der Biologie üblich ist, Proben und Präparate im Durchlicht zu betrachten, arbeitet
man in der klassischen Metallographie meist im Auflichtmodus. Bei ersten stereomikroskopischen
Untersuchungen der Zwiebelschale (Bild 1) stellte sich heraus, dass die Schalen semitransparent
sind. Sie lassen sich also sowohl im Durchlicht als auch im Auflicht betrachten. Zunächst wurde am
Stereomikroskop mit Durchlicht gearbeitet. Es zeigte sich, dass neben einer komplexen organischen
Matrix charakteristische Strukturen vorhanden sind, die sich im polarisierten Licht gut kontrastieren
ließen (Bild 1, Pfeil). Vermutet wurde, dass es sich bei diesen Strukturen um Kristalle handelt. Um
die Geometrie der kristallinen Einschlüsse und die Positionierung in der organischen Matrix besser
untersuchen zu können, wurde die Zwiebelschale zusätzlich an einem klassischen Bild 3: Ge:
Materialmikroskop im Auflicht betrachtet (Bild 2). Mat
Aufgrund
Schnittebe
als auch