Elektronenmikroskopie an einem Duplexstahl
W. Horvath, W. Prantl, E. Werner
Montanuniversitit, Institut fiir Metallphysik, JahnstraBe 12, A-8700 Leoben
Kurzfassung
Der Einfluß zyklischer Temperaturwechsel auf die Mikrostruktur eines ferritisch-austenitischen Duplex-
stahles wird im Transmissionselektronenmikroskop (TEM) untersucht. Zwei Materialzustinde werden
verglichen. Die zyklisch thermische Belastung zwischen 20°C und 900°C verändert die Phasenanteile von
Ferrit (x) und Austenit (y) und deren Kornstruktur nicht, beeinflußt aber die Versetzungsstruktur und das
Ausscheidungsverhalten des Duplexstahles. Die Versetzungsdichte wird in beiden Phasen verringert. Der
Duplexstahl enthält im unbelasteten Zustand drei Typen von Ausscheidungsteilchen. Während der zykli-
schen Temperaturwechsel erhöht sich die Zahl der Teilchen. Im belasteten Material sind starke Anzeichen
für die Ausscheidung von a’-Phase festzustellen.
Electron Microscopy on a Duplex Steel
Abstract
The influence of thermal cycling on microstructural features of a ferritic-austenitic duplex steel is investi-
gated in a transmission electron microscope (TEM). Two material states are compared. Thermal cycling
between 20°C and 900°C does not alter the volume fractions and grain structures of ferrite («) and austenite
(7), but influences the dislocation structure and precipitation bshavior of the duplex steel. The dislocation
density is reduced in both phases. Three different types of precipitates are identified in the uncycled material.
Thermal cycling increases the amount of these particles. There is strong evidence for the precipitation of
o'-phase in the cycled material.
1. Einleitung
Das Gefüge des geschmiedeten, rostfreien, ferritisch-austenitischen Duplexstahles X 20 CrNiSi254 ist an-
isotrop und die beiden Phasen sind entlang der Schmiedeachse ausgerichtet. Aufgrund der Anisotropie
des Gefüges, den unterschiedlichen thermischen Ausdehnungskoeffizienten von Ferrit (@x) und Austenit (y)
und der Temperaturabhängigkeit der Fließspannungen beider Phasen zeigt der Duplexstahl unter zyklisch
thermischer Belastung ein unerwartetes Verhalten. Nach jedem Zyklus bleibt der Werkstoff irreversibel
Prakt. Met. Sonderbd. 26 (1995) 227