Das erst im Jahre 1925 entdeckte Rhenium ist eines der seltensten Metalle iiberhaupt. Es ist mit nur
ca. 0,001 g/t in der Erdrinde vertreten und steht damit in der Haufigkeitsskala an 81. Stelle /1/. Rhe-
nium kommt in der Natur weder elementar noch als eigenständiges Mineral vor, ist aber in einer
Reihe von Erzen, wie z. B. in Molybdänit und in Kupfererzen, enthalten. Das bei der Verarbeitung
dieser Erze pulverförmig anfallende Rheniummetall wird zu kompakten Stäben pulvermetallurgisch
verarbeitet durch Direktsintern in einer Wasserstoff-Atmoshére bei 2700 °C oder durch Vakuum-
schmelzen im Lichtbogen- oder Elektronenstrahlofen. Weltweit werden gegenwirtig bis zu etwa 25
Tonnen Rhenium jährlich produziert /2/.
Rhenium mit seinem Schmelzpunkt von 3180 OC, der nur noch von Wolfram iibertroffen wird, ist fiir
den Einsatz bei höchsten Temperaturen geeignet. Dabei wirken sich sein niedriger Dampfdruck, ge-
ringer thermischer Ausdehnungskoeffizient (6,6 bis 6,8 - 10 -S/K von 20 bis 100 OC) und seine hohe
Warmfestigkeit in einem breiten Temperaturbereich positiv aus. Hinsichtlich der Dichte (21,02 g/cm}
bei 20 OC) wird es nur noch von Osmium, Iridium und Platin iibertroffen /2/.
Rhenium kristallisiert im hexagonalen Gitter dichtester Packung. Es besitzt bei Raumtemperatur eine
hohe Zugfestigkeit (geglüht 1130 N/mm2) und Härte (herstellungsabhängig 250 bis 650 HB). Der
relativ große Wert für die Bruchdehnung (geglüht 24 %) läßt zunächst auf eine hohe Duktilität
schließen. Aber Rhenium verfestigt sich bereits bei geringer Kaltverformung außerordentlich stark,
stärker als jeder andere metallische Werkstoff. Rißbildung infolge starker Kaltverfestigung bedingt,
daß Rhenium schwierig bearbeitbar ist /2/. Als Beispiel zeigt Bild 1 in rasterelektronenmikroskopi-
schen Aufnahmen Oberflächenrisse in gezogenem Rheniumdraht und interkristalline Sprödbruchflä-
chen. Beim Erwärmen von Rhenium an Luft bildet sich Rheniumheptoxid, das bereits bei 301 °C
schmilzt. Flüssige Oxidphase in den Korngrenzen führt zur Warmbrüchigkeit. Glühungen von Rhe-
nium müssen daher unter Schutzgas bzw. im Vakuum erfolgen /3/.
Die besondere Eignung von Rhenium als Werkstoff für den Einsatz unter extremer thermischer und
mechanischer Belastung führt zu einer zunehmenden Anwendung des Metalls in der Weltraumtech-
nik, z. B. fur hochstbeanspruchte Bauteile von Raumtriebwerken und Satelliten. Reines Rhenium
wird fiir Warmetauscherrohre in Satellitentriecbwerken bei Arbeitstemperaturen von derzeit etwa
2000 OC eingesetzt. Rheniumdraht kommt fiir die Anwendung in Satelliten fiir Heizelemente und
Wirmestrahler in Frage. Der Einsatz von Rheniumdraht erfolgt bereits fur Glithkathoden von Mas-
senspektrometern. Die bessere Duktilität, das Ausbleiben einer chemischen Reaktion mit Kohlen-
stoff, d. h. keine Karbidbildung und seine Strahlungscharakteristik lassen Rhenium für diesen An-
wendungsbereich geeigneter erscheinen als Wolfram /2/.
514 Prakt. Met. Sonderbd. 26 (1995)