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Anwendung der Mikrohärteprüfung zur Gefügecharakterisierung von Bi-haltigen
Hochtemperatursupraleitern
Ursula Schläfer, Klaus Fischer, Margitta Schubert, Christian Rodig
Institut für Festkörper- und Werkstofforschung Dresden
1. Einleitung
Unter dem Aspekt möglicher technischer Anwendungen werden gegenwärtig verstärkt
Anstrengungen unternommen, Hochtemperatursupraleiter in Form langer Bänder mit hoher
Stromtragfähigkeit herzustellen. Dabei hat sich ein Verbundleiter aus [Bi,Pb]_Sr,Ca,Cu,O_ und
Silber bzw. Silberlegierungen als aussichtsreich erwiesen. Für kommerzielle Anwendungen ist es
jedoch erforderlich, die bisher für lange Leiter erreichten Werte der kritischen Stromdichte j. um den
Faktor 3 bis 4 zu steigern. /
Die kritische Stromdichte wird neben Größe und Orientierung der Körner, Fremdphasen- und
Verunreinigungsanteil und Glätte der Grenzfläche zwischen Hülle und Kern, wie bereits in (1)
dargestellt, wesentlich von der mechanischen Dichte der Kerne beeinflußt. Durch kleine Dichten
wird der supraleitende Querschnitt verringert und der Korn-Korn-Stromübergang verschlechtert.
Deshalb ist eine hohe mechanische Dichte eine notwendige Voraussetzung für hohe j.- Werte. Der
Zusammenhang zwischen Kerndichte und Stromdichte wird u.a. von Yamada (2, 3) und Parrell (4, 5)
diskutiert.
Außerdem beeinflußt die Kerndichte das Verhalten der Bänder während der Kaltverformung. In ©
wird gezeigt, daß sich bei Kaltumformungsprozessen ein Maximum der Dichte von etwa 5 g/cm
einstellt und eine weitere Verformung über diese Dichte hinaus zu Segregationen der Kerne in
Gebiete unterschiedlicher Härte führen kann. Diese werden als eine mögliche Ursache für
unerwünschte Durchmesserschwankungen der Kerne (Sausaging) und die Entstehung von Rissen
angesehen. Deshalb ist es wichtig, die Dichteentwicklung während der Kaltverformung zu verfolgen,
um Technologien auszuwählen, bei denen im Rohleiter eine Dichte erreicht wird, die nicht zu
Sausaging und Rissen, andererseits aber zu einer hohen Dichte des endwärmebehandelten Leiters
führt. Derartige Untersuchungen setzen voraus, daß eine Korrelation der Dichten vor und nach der
thermomechanischen Behandlung besteht. Dies ist der Fall, wie in mehreren Arbeiten (2-7)
nachgewiesen wurde.
Die direkte Bestimmung der Dichte ist z.B. durch ein hydrostatisches Wägeverfahren (8) möglich,
wird jedoch durch die sehr kleine Masse, hohe Porosität und Brüchigkeit der Kerne erschwert. Die
meisten Dichtemessungen in der Literatur sind daher indirekter Art, wobei häufig die
Mikrohärtemessung verwendet wird. So nutzen Yamada u.a. (2, 3) eine experimentell ermittelte
Beziehung zwischen Mikrohärte und Dichte. Auch Larbalestier u.a. (4, 5) haben gezeigt, daß
Dichtebestimmungen durch Mikrohärtemessungen möglich sind.
Die Bestimmung der Dichte durch Mikrohärtemessungen unterliegt allerdings Einschränkungen. So
können nur Proben verglichen werden, bei denen sichergestellt ist, daß die Härte nicht wesentlich
von anderen Gefügeparametern beeinflußt wird, was in der Praxis schwer zu reaslisieren ist.
Ein deutlicher Vorteil von Mikrohärtemessungen besteht darin, daß örtliche Inhomogenitäten erfaßt
werden können und die direkte Kopplung mit einer Gefügebetrachtung möglich ist.