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Erfassung der Dispersionsgefügebildung mittels Rasterelektronenmikroskopie
H. Hildebrand, G. Heinzel, Institut für Metallkunde der TU Bergakademie Freiberg
1. Einleitung
Dispersionsgefüge in Stählen können bei isothermischer Wärmebehandlung aus austenitischer, fer-
ritischer oder martensitischer Matrix gebildet werden. Eine hochlegierte austenitische Matrix kann ge-
mäß den Gleichgewichtsverhältnissen im Mehrkomponentensystem mit vorwiegend Substitutionsele-
menten eine zweite Mischkristallart ausscheiden. Auf Grund der stärker beschränkten Löslichkeit der
ferritischen Phase bzw. des martensitischen Zustandes für interstitielle Elemente werden aus dieser
Matrix sehr schnell die Partikel der Einlagerungsphase wie Karbide, Nitride oder Boride ausgeschieden.
Neuerdings wurde festgestellt, daß z.B. die Karbidausscheidung aus dem martensitischen Zustand kein
einmaliger Vorgang ist, sondern sich infolge Erhöhung der Konzentration eines betrachteten Elementes
in der Matrix - durch Wiederauflösung von Partikeln mit unterkritischem Radius - mehrfach wieder-
holen kann [1, 2, 3]. Und dies kann auch während des dominierenden Vergröberungsvorganges
(Ostwald-Reifung) beobachtet werden.
Zur Kinetik des wiederholten Ausscheidungsvorganges sowie der Vergröberung von Karbidpartikeln
in Eisenbasislegierungen und der Eignung des Rasterelektronenmikroskops zur Erfassung von Mittel-
wertsdaten wird im folgendem berichtet.
2. Experimentelles
Als Beispiele für einen vorwiegend nacheinander ablaufenden Ausscheidungs- und Vergröberungsvor-
gang wurden der Stahl 30CrMoV9 und für einen parallelen Ablauf beider Vorgänge der Stahl C10 aus-
gewählt.
Die chemische Zusammensetzung der beiden Werkstoffe ist wie folgt (Masse%):
An Ca mi Mi Ph SR U N In Gr Vils Mon CART
BOCrMoV9 0.32. 0:26. / 0.500.014 0.009. 0.0056. 2.43. 0:13. 0.20 0.018 0:01
C10 0.11 0.013 0.39
Aus Bandmaterial der Dicke 1,7 mm wurden Proben 50 x 10 x 1,7 mm für eine schnelle Erwärmung
hergestellt.
Die Wärmebehandlung wurde wie folgt durchgeführt:
30CrMoV9 C10
Austenitisieren: T, = 1000 °C T, = 950 °C
tar Dh t, = 30 min
Abschrecken: in Wasser von Raumtemperatur.
Messung der Koerzitivfeldstärke H. im martensitischen (Ms) Zustand (Mittelwerte aus 4 Polaritäts-
wechseln): He = 2.15...2.2.:40 kA m} H-=1.4....1.6 kA - m“
Auslagerung zur Partikelausscheidung:
T = 600 °C; 650 °C T = 600 °C; 650 °C
t/= 1: 700:250 min t = 1......250.min
(t bis 10 min im Bleibad).
Nach Abkühlung an ruhender Luft wurde wieder die Koerzitivfeldstärke im homogenen Gleichfeld
(Koerzimat Typ 1.095 der Fa. Förster/Reutlingen; Spulenlänge 500 mm) gemessen.