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Fertigungsbegleitende Metallographie bei Einsatz austenitischer CrNi (Mo)-Stähle
J. D. Flasdieck, Hauni Maschinenbau AG, Hamburg
Im Jahre 1912 stellte Friedrich Krupp erstmals technisch verwertbare 18/8-Stähle mit 0,20 % Koh-
lenstoffgehalt her. Heute wird eine breite Palette austenitischer CrNi (Mo)-Stähle in Standard- und
Sondergüten angeboten, die die Bedürfnisse des Marktes weitgehend erfüllen.
Die austenitischen Stähle sind die am häufigsten im Apparatebau verwendeten Güten. Für die allge-
meine Korrosionsbeständigkeit ist der Nickel-Gehalt maßgebend, steigende Chrom- vor allem
Molybdängehalte im Stahl verbessern die Beständigkeit gegen Lochkorrosion. Für die mechanisch -
technologischen Eigenschaften im Lieferzustand der Stähle ist das niedrige Streckgrenzenverhältnis
R.H/Rm entsprechend dem Ni/Cr-Verhältnis bestimmend: Zähigkeit insbesondere Kerbschlagzähigkeit
sind extrem hoch, Duktilität und Kaltumformbarkeit gut. Schweißeignung ist gegeben; die Neigung
zu Warmrißbildung wie Beeinträchtigung der Korrosionsbeständigkeit im Fügebereich kann durch
metallurgische Maßnahmen in Schweißgut und Grundwerkstoff unterdrückt werden.
Vergleicht man die kennzeichnenden physikalischen Eigenschaften der ferritischen Cr(Mo)-Stähle
mit denen der austenitischen CrNi(Mo)-Stähle, so werden für den Verarbeiter von austenitischen
Feinblechen die notwendigen Maßnahmen erkennbar, die für eine werkstoffgerechte Fertigung un-
erläßlich sind. Anbieterunterlagen informieren hierzu und geben Verarbeitungsempfehlungen, me-
tallographische Hinweise jedoch fehlen. Deshalb nachfolgend Beispiele zur praxisorientierten Me-
tallographie aus den Fertigungsgebieten Trenntechnik/Zerspanen, Kaltumformung und Fügetechnik
von austenitischen Feinblechen unter Berücksichtigung des Farbniederschlagsätzens.
Ausgehend vom spannungsfreien - oder besser spannungsarmen - Flachzeug im Lieferzustand be-
deutet jeder Fertigungsgang im Nahbereich der Werkzeugeinwirkung eine Gefügestörung, die in aller
Regel zu einer Senkung der Korrosionsbeständigkeit führt. Der Grad einer solchen Gefügever-
änderung ist von der eingebrachten Energieform abhängig und verfahrensübergreifend von der einge-
brachten Energiedichte. Aus fertigungstechnischer Sicht interessieren die mechanischen und ther-
mischen Energieformen. Ihre rationelle Umsetzung bestimmt unter Berücksichtigung der kon-
struktiven Gegebenheiten die Gebrauchseigenschaften eine Bauteils, Bild _1. Ziel ist demnach, die
fertigungsbedingten Eigenspannungen wie die Gefügeveränderungen im Bauteil als Ergebnis der
Energieeinbringung klein zu halten.
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| Werkstoff
——x—
- Bauteil- Fertigungsbedingungen |
geometrie - Energiestau -
E-
1
Bild_1: Nach /1/: Zusammenhang zwischen 'spannungen Le» Gefüge
den Einflußgrößen beim Schweißen a
Y Wr zZ —
ech Gebrauchseigenschaften