Full text: Fortschritte in der Metallographie

10 Prakt. Met. Sonderband 30 (1999) 
wie der Stereologie und der Mathematischen Morphologie den Übergang vom qualitativen Be 
Verständnis der Gefügeänderungen bei der Herstellung und ihrer Auswirkung beim Einsatz von en 
Werkstoffen zur quantitativen Erfassung ermöglicht hat (siehe z.B. [22, 30, 40 - 42]). Einige ’ N 
Verfahren zählen schon seit langem zur praktischen Metallographie [42, 43] andere wie z.B. die u 
Fraktalgeometrie werden sich trotz ihrer derzeitigen Konjunktur wohl auch im wissenschaftlichen a 
Bereich erst durchsetzten, wenn sich ihrer Relevanz zur Lösung metallkundlicher Problem- 
stellungen erwiesen hat [20, 40, 44, 45]. Smith [46] merkt dazu an (siehe auch das weiter unten 
stehende Zitat zum ästhetischen Aspekt): „Die neuen Gesichtspunkte eröffnen viele Möglichkeiten. a 
Das verleitet viele Metallurgen dazu, ihr teilweise intuitives Wissen über die Natur der Werkstoffe 
aufzugeben und am Schrein der Mathematik zu opfern. Dieser Trend wird durch die kuriose | 
Tendenz der Menschen verstärkt, Dinge um so höher zu bewerten, je abstrakter sie sind". Wick 
Mater 
Weitere Aspekte der Metallographie ALM 
In der Metallographie lassen sich noch weitere Aspekte ausmachen, welche Erwähnung verdienen, 3] 
weil ihre Auswirkung oft nicht genügend beachtet wird. Wichtige und unumkehrbare viele 
Entwicklungen der praktischen Aspekte der Metallographie liegen in der Automatisierung der C. 
Präparation und in der Auswertung der Informationen. So sehr diese Entwicklungen im Sinne der Co 
Objektivitit und der Reproduzierbarkeit im Qualitédtsmanagement und bei der ,,Zertifizierung" und Ll 
der ,,Akkreditierung" metallographischer Verfahrensschritte zu begriilen sind, so besteht doch die Ablös 
Gefahr, daß damit eine für die Forschung wesentliche Komponente der metallographischen Arbeit heh 
verloren geht: Die Beobachtungen bei der Probenpréparation und bei der Bilderzeugung gaben und ia 
geben dem aufmerksamen Bearbeiter wichtige Zusatzinformationen. (Über persönliche Erfahrungen erken 
sowohl in der Forschung als auch in der Lehre wäre hier viel zu berichten. Zusammenfassend: Zwei wenn 
der wichtigsten Forschungsergebnisse meiner Laufbahn - der Entdeckung der Teilchenumordnung oh 
beim Sintern und verschiedener Details in der Gefiige- und RiBbildung bei Hartmetallen - verdanke pe 
ich der Tatsache, daB die quantitative Bildanalyse und das Polieren noch nicht automatisiert waren. N 
In der Lehre stelle ich häufig fest, daß fertig ausgebildete Materialwissenschaftler wenig 
Vorstellung vom Gefügeaufbau gängiger Werkstoffe haben und als Gefügezeichnungen zum 
Computermodell vereinfachte Bilder oder - häufiger noch - Karikaturen anfertigen, an denen sich Wenn 
die Prinzipien der Gefügeentwicklung nicht mehr ablesen lassen.) So positiv der Zeit- und ai 
Informationsgewinn durch Automaten und Computer ist, so wichtig bleibt die Beobachtung durch oo 
den geschulten und am Problem interessierten Metallographen direkt am Objekt. vertrei 
Der bereits erwähnte Aufsatz „Gefüge - Faszinierende Vielfalt in strengen Regeln" [24] wird Urs 
sinngemäß folgendermaßen eingeleitet: „Wir Menschen erfahren die Welt in erster Linie durch das Ad 
Sehen und alles, was wir sehen, löst Empfindungen aus". Die Autoren gehen auch auf den damit rl 
zusammenhängenden ästhetischen Aspekt der Metallographie ein. Smith [14] sagt dazu (wieder in kl 
freier Übertragung): „Die exakte Behandlung der Natur ist nur mit isolierten, fragmentarischen dee 
Teilen möglich. Man sollte sich aber immer wieder einmal einen breiten Eindruck verschaffen, i 
selbst unter EinbuBe an Präzision. Solche Teilaspekte können auch bei Strukturen analysiert, i 
gemessen und auf ihre Niitzlichkeit hin untersucht werden. Denn es gibt etwas in der Anordnung 
jeder Struktur, das nicht rechnerisch zu erfassen ist, sondern das sowohl schon als auch ein 
notwendiger Aspekt eines Materials ist. Welcher Metallograph läßt sich nicht auch durch die ; 
ästhetische Freude an der Schönheit über die Muster, die er sieht, inspirieren?" Auch in einem 
neuen Buch [47] über dieses Thema wird anhand elektronen-mikroskopischer Aufnahmen zum 
wiederholten Mal gezeigt, daß mikroskopische Aufnahmen von natürlichen Strukturen neben der 
wissenschaftlichen auch einer ästhetischen Betrachtungs-weise zugänglich sind.
	        
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