536 Prakt. Met. Sonderband 30 (1999)
TEM-Untersuchungen
Die TEM-Untersuchung ausgewählter Probenbereiche lieferte einen tieferen Einblick in die durch
den Schockverfomungsprozeß im Werkstoff hervorgerufenen mikrostrukturellen Veränderungen.
Durch erfolgreiche Erarbeitung der TEM-Zielpräparation ist es gelungen, solch große elektronen-
transparente Probengebiete zu schaffen, daß über Bereiche von mehreren 100 um die schock-
induzierte Mikrostruktur detailliert untersucht werden konnte. TEM-Übersichtsaufnahmen einer
Eisenprobe (Bild 5) und einer Molybdänprobe (Bild 6) zeigen exemplarisch die durch die Schock-
behandlung hervorgerufenen Strukturänderungen. Als auffälligstes Merkmal der Defektstruktur
kann man die Anordnung von Verformungszwillingen sowohl in den Eisen- als auch in den
Molybdänproben erkennen. Zusätzlich zu den Zwillingen beobachtet man eine hohe Dichte von
Versetzungen im Kristallinneren. TEM-Untersuchungen an nicht-schockbehandelten Proben der
beiden Materialien ergaben hingegen sehr niedrige Versetzungsdichten. In unverformten
Probengebieten, die eine mit Bild 5 bzw. Bild 6 vergleichbarer Ausdehnung haben, würde man nur
wenige vereinzelte Versetzungen finden. Diese Beobachtungen lassen den Schluß zu, daß bei der
Laserschockbehandlung sowohl Versetzungsgleitung als auch mechanische Zwillingsbildung als
aktive Verformungsmechanismen auftreten. Es sei in diesem Zusammenhang erwähnt, daß die
Bildung von Zwillingen in kubisch-raumzentrierten Metallen ein besonders für die Verformung bei
sehr niedrigen Temperaturen typischer Prozeß ist. Sonst wird Zwillingsbildung nur bei der
Verformung mit sehr hohen Verformungsgeschwindigkeiten, wie sie z. B. bei der Explosiv-
schockverformung auftreten, beobachtet (9). Die hier nachgewiesene Entstehung von Verformungs-
zwillingen bei Raumtemperatur resultiert folglich aus den extrem hohen Verformungsge-
schwindigkeiten, die durch die laserinduzierte Schockwelle erzwungen werden. Obwohl sowohl im
Eisen als auch im Molybdin der schockinduzierte Verformungsproze unter Beteiligung von
Zwillingsbildung abliuft, deuten die Ergebnisse der Untersuchungen an, dal es materialabhéngige
Unterschiede fiir den Ablauf der laserschockinduzierten mikrostrukturellen Verformungsprozesse
gibt, die Gegenstand weiterer Untersuchungen sind (10).
Bild 5: TEM-Aufnahme der Mikrostruktur einer Eisenprobe etwa
100 um unterhalb der schockbehandelten Oberfläche.