Prakt. Met. Sonderband 30 (1999) 593
. Erfahrungen mit dem Einsatz von Nickelbasis-Werkstoffen in Chemieanlagen
| anhand ausgewählter Schadensfälle
kell
Rolf-Dieter Grimm, Annette Ribbens
ZEW/ Werkstofftechnik, BASF AG, Ludwigshafen
N m Die Realisierung einer Vielzahl von Anlagenkonzepten in der Chemie war erst durch die Verfüg-
’ barkeit der Nickelbasislegierungen möglich geworden. Zunehmend aggressivere Korrosionsbe-
{ dingungen sowie steigende Anforderungen an die Anlagenverfiigbarkeit und Produktionssicherheit
Our haben in den letzten Jahrzehnten - ungeachtet der höheren Kosten - zu einem stetig steigenden Einsatz
nd hei der Nickelbasislegierungen gefiihrt. Die Entwicklung der beiden Hauptvertreter dieser Werkstoff-
gruppe, der NiMo-Legierungen (B-Familie) und der NiCrMo-Legierungen (C-Familie) war vorrangig
an dem Ziel orientiert, hochkorrosionsbeständige Legierungen für unterschiedliche Anwendungen in
der Chemie zur Verfügung zu stellen.
Die Optimierung der B- und C-Legierungsfamilien in den letzten Jahren macht deutlich, daß die Ent-
wicklung dieser Werkstoffe noch nicht abgeschlossen ist. Dies liegt darin begründet, daß es aufgrund
der Fertigungs- bzw. Verarbeitungsbedingungen zu einer unzulässigen Beeinträchtigung der gefor-
derten Korrosionsbeständigkeit oder auch der mechanisch-technologischen Eigenschaften kommen
kann. Häufig hat man erst nach negativen Erfahrungen beim Anwender bestimmte Verarbeitungs-
schritte optimiert bzw. die Werkstoffzusammensetzung so verändert, daß die Verarbeitung nur einen
geringen Einfluß hat.
Anhand der folgenden Schadensbeispiele soll verdeutlicht werden, inwieweit Verarbeitungsschritte
bei der Herstellung von Anlagenteilen die Eigenschaften des Bauteils, insbesondere der Korrosions-
beständigkeit, negativ beeinflussen und welche Abhilfemaßnahmen auch im Hinblick auf eine Weiter-
entwicklung der beiden Legierungsfamilien der Nickelbasis-Werkstoffe getroffen worden sind.
Beeinflussung der Korrosionsbeständigkeit und der Zähigkeit infolge der Wärme-
einbringung beim Schweißen
An geschweißten Rohrbögen aus Alloy B-2 (NiMo 28; W.-Nr. 2.4617), die mit einem Gemisch aus
Ethylbenzol, Benzol und Aluminiumchlorid bei ca. 100 °C beaufschlagt waren, kam es zu Leckagen.
Aus der metallographischen Untersuchung geht hervor, daB die Leckagen auf interkristallin verlau-
fende Risse im wirmebeeinfluBten Bereich neben den Schweinihten zuriickzufiihren sind (Bild 1).
Bei diesem Werkstoff kann es zu interkristalliner Spannungsrikorrosion kommen. Als Ursache
hierfiir wird die Ausscheidung von lichtmikroskopisch nicht nachweisbaren intermetallischen Phasen
NigMo (8-Phase) bzw. Ni3Mo (y-Phase) diskutiert. Nach dem ZTU-Schaubild (Bild 2) kommt es zu
der raschen Ausscheidung der Phasen im Temperaturbereich zwischen 650 und 750 °C. Die Phasen,
die bei Temperaturen oberhalb 950 °C wieder in Lösung gehen, führen zu einer Verminderung der
Duktilität des Werkstoffs, was bereits bei der Verarbeitung z.B. beim Warmumformen Rißbildung
initiieren kann (1). Im vorliegenden Fall ist es unter der Einwirkung des Mediums und dem gleich-
zeitigen Vorhandensein von Zugeigenspannungen (Ausscheidung ist mit einer Volumenverminderung
verbunden) zu Spannungsrißkorrosion gekommen. Eine weitere, in der Literatur (2) vertretene Hypo-
these, geht davon aus, daß es sich um eine wasserstoffinduzierte Rißbildung handelt, wobei der bei
der kathodischen Teilreaktion gebildete Wasserstoff sich an Versetzungen ansammelt, die sich an
Korngrenzen aufgestaut haben. Der Ausscheidungszustand und die damit verbundene Verarmung
korngrenzennaher Bereiche an dem Legierungselement Molybdän fördert eine selektive Auflösung
dieser Bereiche.