Prakt. Met. Sonderband 38 (2006) 11
Lotbrüchigkeit — Schäden und ihre Ursachen
M. Pohl und S. Kühn
Institut für Werkstoffe / Werkstoffprüfung der Ruhr-Universität Bochum
Kurzfassung
Im nachfolgenden Artikel wird die Problematik der Flüssigmetall induzierten Rissbildung
(Lotbruch) an feuerverzinkten Stahlbaukonstruktionen beschrieben. Anhand zweier Bei-
spiele wird der Einfluss des Werkstoffzustandes und die Auswirkungen einer falschen
Werkstoffauswahl auf die Lotbruchanfälligkeit behandelt. Ein zusätzliches Kapitel be-
schäftigt sich mit Abhilfemaßnahmen, um Schäden durch Flüssigmetall induzierte Riss-
bildung entgegen zu wirken.
1 Flüssigmetall induzierte Rissbildung
Der lange Zeitraum von nahezu 100 Jahren, in dem das Feuerverzinken zum Korrosions-
schutz von Stahlbaukonstruktionen angewendet wird, macht es zu einem wirtschaftlich
interessanten und technisch gut beherrschbaren Verfahren. Gelegentlich kommt es jedoch
bei kalt umgeformten oder schweißtechnisch bearbeiteten Bauteilen zur Rissbildung
während des Beschichtungsprozesses. Bei der auch unter dem Namen Lotbruch bekann-
ten Schadensart kommt es zu einem korrosiven Angriff des zu beschichtenden Werkstoffs
durch das flüssige Zink.
Die Definition der VDI-Richtlinie 3822 „Schäden durch Korrosion in wässrigen Medien“
lautet:
„Der Lotbruch ist der interkristallinen Spannungsrisskorrosion in Elektrolytlösungen phäno-
menologisch sehr ähnlich. Für das Auftreten von Lotbruch ist neben Zugspannungen
(Betriebs- / Eigenspannungen) das Vorliegen einer Temperatur, bei der der Grundwerk-
stoff fest, das benetzende Lot jedoch flüssig ist, erforderlich. Voraussetzung ist auch eine
begrenzte gegenseitige Löslichkeit der Metalle, sodass das Lot bevorzugt über die
Korngrenzen eindringt. Mikroanalytisch lässt sich das Lot (Hg, Sn, Bi, Cd, Pb, Zn, Cu) im
Rissverlauf feststellen“ [1].
2 Schadensbeispiele
Im Nachfolgenden werden typische Schäden an Bauteilen beschrieben wie sie durch
Flüssigmetall induzierte Rissbildung entstehen können.
2.1 Schäden an Rohrbögen
Die feuerverzinkte Stahlbaukonstruktion in Abb. 1 besteht im Wesentlichen aus nahtlos
warmgewalzten Rohren, die zum Erreichen ihrer Endkontur kalt gebogen wurden (Drei-
punktbiegung). Die Rohre weisen einen Durchmesser von 168 mm und eine Wandstärke
von 13 mm auf, der Biegeradius beträgt 4200 mm.
Der Fertigungsablauf der Rohre gliedert sich in die Schritte:
Kaltbiegen der Rohre auf ihre Endkontur
Beizen
Feuerverzinken