366 III. Agrarsteuern und Steuerpolitik.
uns lohnender wird als in Holland, Dänemark, Finland usw. Nicht Ü
in einigen Tausend Kartoffelbrennereibetrieben müssen Viehhaltung
und Stallmistproduktion in Deutschland gehoben werden, sondern in .
der ganzen Landwirtschaft muß das derart geschehen, daß die gesamten |
Ernteerträge stark in die Höhe gehen.
Wie sich leicht an Beispielen nachweisen läßt, sind auch die durch ;
die Brennereigesetzgebung bei uns geschaffenen Privilegien innerhalb ©
der großen Güter und auch innerhalb der großen und alten Brennerei- 5
betriebe durchaus nicht nur nach sachlichen Gesichtspunkten verteilt ;
worden. Das trifft sowohl bezüglich der Verteilung dieser Vorteile auf -
die einzelnen Länder des Deutschen Reiches als auch bezüglich. dieser n
Verteilung innerhalb jedes einzelnen Landes auf die einzelnen Gegenden d
und Landgüter auch bei gleicher Brennereibedürftigkeit zu. In Rußland
hatten vor dem Kriege diejenigen Gouvernements, in denen die Groß- 5
fürsten große Besitzungen hatten, die höchsten Branntweinkontingente x
(Raswjorska). Bei uns ist bei der Kontingentverteilung nicht so schlimm |
verfahren worden, aber doch auch gesündigt worden. Privilegien ver-
teilung trägt eben immer einen Keim der Korruption in sich.
Das Übelste an unseren Zuständen auf dem Gebiet der Brennerei- .
gesetzgebung ist heute aber, daß man der Branntweinmonopolverwal- ,
tung das Recht zugestanden hat, Steuern, die dem Staatssäckel zufließen
sollen, großenteils selbst und zwar nach eigenem Ermessen zu verwenden. h
Die Branntweinsteuern gehören restlos in den Staatssäckel a
und ebenso wie alle anderen Steuern unter die fortlaufende S
öffentliche Kontrolle aller Steuerzahler. Die Verwendung e.
vieler Millionen der von den Branntweinkonsumenten erhobenen Steuern i
zur Aufrechterhaltung und Steigerung der Privilegien eines relativ z
engen Kreises von Kartoffelbrennereibesitzern ist ein öffentlicher Skan- F
dal, und es ist das bleibende Verdienst Dr. Fritz Baades, daß er als erster
in diese Verhältnisse hineingeleuchtet hat. Dies Verdienst wird auch da- u
durch nicht geschmälert, daß man bezüglich der zweckmäßigsten Wege ei
zur Herbeiführung gesünderer Zustände ganz oder teilweise anderer a
Ansicht sein kann. Nicht ernsthaft streiten läßt sich aber darüber, daß 2
jede Vernichtung von Waren zwecks Hochhaltung der Preise des Waren- €
restes volkswirtschaftlich betrachtet ein Unfug ist. Überproduktion
muß durch Sinken der Warenpreise und nicht durch Warenvernichtung ,
kuriert werden. Wir werden auf diese Dinge bei Erörterung der Zölle
noch einmal zurückkommen. S
b
e) Die Biersteuern. d
Auch die Biersteuern sind. für die Agrarpolitiker interessant, 7
nicht nur weil die Rohstoffe der Bierbereitung Agrarprodukte sind, ;
sondern besonders, weil auch die Erörterung der Biersteuer günstigste ;
Gelegenheit bietet, sich wichtige betriebswirtschaftliche Zusammen“
hänge klar zu machen. Außer dem Branntwein sind bekanntlich Bier;