Full text: Agrarpolitik

46“ V. Kreditpolitik in der Landwirtschaft. 
den Preisen der landwirtschaftlichen Produkte einerseits und denen der 
Industrieprodukte andererseits verstehen und daraus Schlüsse auf die 
Lage der Landwirtschaft ziehen. Auch die Spannung zwischen den 
Preisen der landwirtschaftlichen Erzeugnisse einerseits und der 
käuflichen Erzeugungsmittel des Landwirtes andererseits, sollen 
Berücksichtigung finden. Man vergißt dabei aber vollkommen, daß 
es nicht eine einzelne derartige Relation gibt, sondern Dutzende, die 
sich teils verstärken, teils gegenseitig aufheben. Außerdem schlagen 
die verschiedenen Preisrelationen ganz verschieden und in den einzelnen 
land wirtschaftlichen Betrieben wiederum ganz verschieden zu Buch. 
Was besagen steigende Löhne und steigende Getreidepreise für das 
Gros der Bauernwirtschaften und ihre Lage? — außerordentlich wenig. 
Auch für sinkende Kunstdüngemittelpreise trifft dies in abgeschwächtem 
Maße zu. Was besagen die Spirituspreise für die Landwirtschaft im 
allgemeinen? bitter wenig. Was schadet den Bauern eine Preissteige- 
rung von hundert Produktionsmitteln und Verbrauchsgegenständen, 
die der Großgrundbesitzer vielleicht gebraucht, die aber nie in seine 
Wirtschaft kommen? Es geht mit Begriffen, wie der „Preisschere‘‘ 
ähnlich wie mit den Ausdrücken „intensiv“ und „extensiv‘‘. Man kann 
alles und nichts Rechtes mit denselben beweisen, sich alles und nichts 
Rechtes darunter vorstellen, sobald dieselben auf den Betrieb im 
ganzen und auf seine finanzielle Lage in Anwendung gebracht werden. 
Es wagt nur in der Regel niemand etwas gegen halbverstandene Begriffe 
zu sagen, weil man Angst hat, dann nicht‘ genügend wissenschaftlich 
zu erscheinen. Das aber ist für die meisten sogenannten Gebildeten 
unter den Deutschen das schlimmste Odium, welches sie auf sich. laden 
können, während der Amerikaner nichts so sehr fürchtet, als daß er 
für unpraktisch und unbeholfen gilt, er seinen Stolz darin sucht, zu 
beweisen, daß man auch mit relativ wenig Wissen Tüchtiges leisten kann. 
V. Kreditpolitik in der Landwirtschaft. 
a) Die Versorgung der Landwirtschaft mit Kredit. 
Drei Fragenkomplexe aus dem Gebiete des Agrarkreditwesens 
sind es, welche den Agrarpolitiker besonders interessieren, nämlich: 
1. Wie versorgt man die Landwirtschaft am zweckmäßigsten mit 
dem für sie notwendigen und nützlichen Kredit? 
2. Wie weit liegt eine Beschränkung der Gewährung von Agrar- 
krediten im Interesse der Volkswirtschaft ? 
3. Wie wirkt eine mehr oder weniger vollkommene oder unvoli- 
kommene Organisation des Agrarkredites auf die Verteilung des Grund- 
besitzes ein? 
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