Full text: Immanuel Kant's sämmtliche Werke (6. Band)

Herr EBERHARD hat die Entdeckung gemacht, dass, wie sein philo- 
sophisches Magazin, erster Band S. 289 besagt, „die Leibnitzische 
Philosophie ebensowohl eine Vernunftkritik enthalte, als die neuerliche, 
wobei sie dennoch einen auf genaue Zergliederung der Erkenntniss- 
vermögen gegründeten Dogmatismus einführe, mithin alles Wahre der 
letzteren, überdem aber noch mehr, in einer gegründeten Erweiterung 
des Gebiets des Verstandes enthalte.“ Wie es nun zugegangen sei, dass 
man diese Sachen in der Philosophie des grossen Mannes und ihrer 
Tochter, der Wolfischen nicht schon längst gesehen hat, erklärt er zwar 
nicht; allein wie viele für neu gehaltene Entdeckungen sehen jetzt nicht 
geschickte Ausleger ganz klar in den Alten, nachdem ihnen gezeigt 
worden, wornach sie sehen sollen. 
Allein mit dem Fehlschlagen des Anspruchs auf Neuigkeit möchte 
es noch hingehen, wenn nur die ältere Kritik in ihrem Ausgange nicht 
das gerade Widerspiel der neuen enthielte; denn in diesem Falle würde das 
argumentum ad verecundiam, (wie es LocKE nennt,) dessen sich auch Herr 
EBERHARD, aus Furcht seine eigenen möchten nicht zulangen, klüglich 
(bisweilen auch wie S. 298 mit Wortverdrehungen) bedient, der Auf- 
nahme der letztern ein grosses Hinderniss sein. Allein es ist mit dem 
Widerlegen reiner Vernunftsätze durch Bücher, (die doch selbst aus 
keinen andern Quellen geschöpft sein konnten, als denen, welchen wir 
ebenso nahe sind, als ihre Verfasser,) eine missliche Sache. Herr 
EBERHARD konnte, so scharfsichtig er auch ist, doch für diesmal viel- 
leicht nicht recht gesehen haben. Ueberdem spricht er bisweilen (wie 
S. 381 und 393 die Anmerk.) so, als ob er sich für Lerxitz eben nicht 
verbürgen wolle. Am besten ist es also: wir lassen diesen berühmten 
Mann aus dem Spiel, und nehmen die Sätze, die Herr EBERHARD auf 
dessen Namen schreibt und zu Waffen wider die Kritik braucht, für 
seine eigenen Behauptungen; denn sonst gerathen wir in die schlimme
	        
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