320 Ueber den Gemeinspruch: Das mag in der Theorie richtig sein ete.
Ursache für Strafen anzusehen; denn diese freffen nur den freien, aber
gesetzwidrigen Willen; Natur aber und Neigung können der Freiheit
nicht Gesetze geben. Ganz anders ist es mit der Idee der Pflicht be-
wandt, deren Uebertretung, auch ohne auf die ihm daraus erwachsenden
Nachtheile Rücksicht zu nehmen, unmittelbar auf das Gemüth wirkt
und den Menschen in seinen eigenen Augen verwerflich und strafbar
macht.
Hier ist nun ein klarer Beweis, dass alles, was in der Moral für die
Theorie richtig ist, auch für die Praxis gelten müsse..— In der Qualität
eines Menschen, als eines durch seine eigene Vernunft gewissen Pflich-
ten unterworfenes Wesens, ist also Jedermann ein Geschäftsmann;
und da er doch, als Mensch, der Schule der Weisheit nie entwächst, so
kann er nicht etwa, als ein vermeintlich durch Erfahrung über das, was
ein Mensch ist und was man von ihm fordern kann, besser Belehrter,
den Anhänger der Theorie mit stolzer Verachtung zur Schule zurück-
weisen. Denn alle diese Erfahrung hilft ihm nichts, um sich der Vor-
schrift der "Theorie zu entziehen, sondern allenfalls nur zu lernen, wie
sie besser und allgemeiner ins Werk gerichtet werden könne, wenn man
sie in, seine Grundsätze aufgenommen hat; von welcher pragmatischen
Geschicklichkeit aber hier nicht, sondern nur von letzteren die Rede ist.