Full text: Immanuel Kant's sämmtliche Werke (6. Band)

. Ueber das Misslingen aller philosophischen 
_ Es wird also gegen jene drei Klagen die Verantwortung auf die 
oben erwähnte dreifach verschiedene Art vorgestellt und ihrer Gültig- lich 
keit nach geprüft werden müssen. Ahc 
I. Wider die Beschwerde gegen die Heiligkeit des göttlichen Ci 
Willens aus dem Moralischbösen, welches die Welt, sein Werk, verun- We 
staltet, besteht die erste Rechtfertigung darin: m 
a) Dass es ein solches schlechterdings Zweckwidriges, als wofür hr 
wir die Uebertretung der reinen Gese@® unserer Vernunft nehmen, gar x 
nicht gebe, sondern dass es nur Verstösse wider. die menschliche Weis- 
heit seien; dass die göttliche sie nach ganz andern uns unbegreiflichen mit 
Regeln beurtheile, wo, was wir zwar beziehungsweise auf unsere prak- do 
tische Vernunft und deren Bestimmung mit Recht verwerflich finden, Me 
doch in Verhältniss auf göttliche Zwecke und die höchste Weisheit Sie] 
vielleicht gerade das schicklichste Mittel, sowohl für unser besonderes BC 
Wohl, als das Weltbeste überhaupt sein mag; dass die Wege des Höch- gar 
sten nicht unsere Wege seien (sunt superis sua jura), und wir darin irren, doc 
wenn, was nur relativ für Menschen in diesem Leben Gesetz ist, wir für das 
schlechthin als ein solches beurtheilen, und so das, was unsrer Betrach- ADC 
tung der Dinge aus so niedrigem Standpunkte als zweckwidrig- erscheint, der 
dafür auch, aus dem höchsten Standpunkte betrachtet, halten. — Diese 7A 
Apologie, in welcher die Verantwortung ärger ist, als die Beschwerde, Sel 
bedarf keiner Widerlegung; und kann sicher der Verabscheuung jedes mit 
Menschen, der das mindeste Gefühl für Sittlichkeit hat, frei überlassen 
werden. den 
Auch ist die Strafe in der Ausübung der Gerechtigkeit keineswegs als bloses Mittel, 0 
sondern als Zweck in der gesetzgebenden Weisheit gegründet; die Uebertretung wird 
mit Uebeln verbunden, nicht damit ein anderes Gute herauskomme, sondern weil diese des 
Verbindung an sich selbst, d. i. moralisch und nothwendig gut ist. Die Gerechtigkeit non 
setzt zwar Güte des Gesetzgebers voraus, (denn wenn sein Wille nicht auf das Wohl liek 
seiner Unterthanen ginge, so würde dieser sie auch nicht verpflichten können, ihm zu 
gyehorchen;) aber sie ist nicht Güte, sondern als Gerechtigkeit von dieser wesentlich bes 
unterschieden, obgleich im allgemeinen Begriffe der Weisheit enthalten. Daher geht Jen 
auch die Klage über den Mangel einer Gerechtigkeit, die sich im Loose, welches den gen 
Menschen hier in der Welt zu Theil-wird, zeige, nicht darauf, dass es den Guten hier übe 
nicht wohl, sondern dass es den Bösen nicht übel geht, (obzwar, wenn das Erstere —_ 
zu dem Letzteren hinzukommt, der Contrast diesen Anstoss noch vergrössert.) Denn At 
in einer göttlichen Regierung kann auch der beste Mensch seinen Wunsch zum Wohl- 
ergehen nicht auf die göttliche Gerechtigkeit, sondern muss ihn jederzeit auf seine gen 
Güte gründen; weil dey, welcher blos seine Schuldigkeit thut. keinen Rechtsanspruch hieı 
auf das Wohlthun Gotteschaben kalın oh. 
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