Full text: Immanuel Kant

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- Neue Kant-Perspektiven. 
Der Synthetiker und der Antithetiker. =- Die Als Ob-Lehre, =- Der Pessimismus. 
- Der Aktivismus. =- Die „Philosophie des Dennoh.< 
1 Von Hats Vaihingen. 550 HZ KEREN 
G e größer ein Geist ist, in desto „weitere Fernen wirkt seine ' damit überwunden hat. Auch. ist es bekannt, daß durch die bei 
d-? Erscheinung nach, und desto vielseitiger sind die Ausstrahlungen jener Verbindung entstandenen Widersprüche neue Wege und 
seines-Lebenswerkes, So kommt es, daß von solchen großen Gedanken notwendig wurden, durch welche die Entwieklung weiter 
Geistern iimnmer neue, unerwartete Folgen ausgehen, und daß ihr getrieben wurde, Aber man hat noch nicht genug gewürdigt, was 
Leben immer neue Früchte zeitigt. Das gilt von Männern wie die Widersprüchlichkeit, die innere Gegensätlichkeit eines Mannes 
z. B. Platon, Aristoteles, Shakespeare, Kant, Goethe. Jedes wie Kant eigentlich bedeutete. 
Jahr bringt neue Wellen als Nachwirkungen solcher Geistesheroen, : So müssen wir Kant nicht bloß als Synthetiker, sondern 
und diese Wellenschläge leben sich aus in Gedanken und Schriften auch als Antithetiker würdigen. Wir müssen uns klar machen, 
der Gegenwart. daß Widersprüchlichkeiten eines solchen großen Vermittlers nicht 
Alles das gilt nun in besonderem Maße von unserem Kant, ohne weiteres als Mängel betrachtet werden dürfen, die wir nun 
dessen zweihundertster Geburtstag uns wieder lebhaft ins Bewußt- von einem schulmeisterlichhen Standpunkt aus verdammen sollten. 
sein bringt, welche überaus starke Wirkungen und Nachwirkungen Natürlich sind Widersprüche immer Mängel, sind innere Gegen- 
von ihm immer aufs neue wieder ausgehen. Wie sind schon sätlichkeiten auch Unvollkommenheiten, aber das ist doch nur die 
seit. dem lezten Festtag am 12. Februar 1904, als Kants äußere Seite der Sache. Wenn wir in das innere Werden und 
hundertster Todestag feierlich begangen wurde, immer wieder neue Wachsen der Gedankenwelten uns selbst hineinverseßen, wenn wir 
Anregungen von dem alten Kant ausgegangen! Die ganze deren innere Entwilung sozusagen selbst mitmachen und in uns 
Philosophie der Gegenwart lebt direkt und indirekt nacherleben, dann empfinden wir es als natürlich und als not» 
vom Kantischen Geiste, und zehrt, so oder so, vom Kantis<en wendig, daß jene Gegensäße eben nicht ganz in die neue Einheit 
Gute, Vieles von dem, was an Kant sich unmittelbar oder aufgehen, nicht aufgehen können. Dann empfinden wir jene 
mittelbar anschließt, ist nur eine in der Form abgeänderte, der übrig bleibenden Widersprüche immer mehr nicht als ein Zeichen 
Gegenwart entsprechend formulierte Wiederholung des Früheren. der Armut und Unvollkommenheit, sondern do<h auch andererseits 
Nicht Weniges ist aber auch mehr oder minder wirklih neu. als ein Zeichen des inneren Reichtums, der inneren Fülle. Ein 
Neue Gedanken drängen sich hervor und sind doch Blüten oder gedankenarmer Geist kann leiht ohne Widersprüchlichkeiten aus- 
Schößlinge des alten, aber noch immer lebenskräftigen Baumes. So kommen, aber je größere Gedankenfülle da ist, desto mehr zeigt 
entstehen manche neue Perspektiven, die den alten Kant in anderer sich das eben auch in der inneren Widersprüchlichkeit. Hier muß 
Beleuchtung zeigen als bisher, eigenartige, überraschende Durc<« ich auf eine Abhandlung von mir selbst hinweisen, in der ich 
blife durch das alte uns scheinbar so wohlbekannte Lehrgebäude, diese Betrachtungsweise entwi>kelt habe: „Kants antithetische 
die uns zu neuen Aussichtspunkten führen. Geistesart, erläutert an seiner Als Ob-Lehre“ (in der Festschrift 
Kant ist, wie die meisten großen Geister, ein Vermittler „Den Manen Friedrich Nietzsches" 1921 München, Musarion- 
zweier Zeitalter und überhaupt ein Vermittler zwischen den enl- Verlag). Darin habe ich an einem prominenten Falle gezeigt, 
gegengesetzten Richtungen, die er vorfand. In diesem Sinne ist daß wir mit der üblichen Art der Auslegung Kants nicht durch- 
Kant ein Synthetiker, und sein Werk eine Synthese oder kommen, sei es, daß wir jene Widersprüche als engherzige Schul- 
vielmehr eine Mehrheit von Synthesen. Doch müssen wir hier meister rot anstreichen, sei es, daß wir als sklavische Schüler des 
von vornherein ein Mißverständnis zurüweisen: auch noh in Meisters die Widersprüche wegleugnen und sophistisch vertuschen. 
einem anderen Sinne spielt bei Kant die Synthese oder, wie er Wir müssen vielmehr jene Widersprüchlichkeiten anerkennen als 
selbst sagt, die „Synthesis“ eine große Rolle. Kant spricht mit Symptome der synthetischen Weite Kants und als Zeichen der 
Vorliebe in. verschiedenen Wendungen von der ursprünglihen Allseitigkeit, mit . der ein solher Meister der Vielheit der 
Kraft unseres Geistes oder unseres „Gemütes" als von einer Erscheinungswelt Herr werden will, als Folgen der Gerechtigkeit, 
synthetischen. Tätigkeit, dur< die wir das Mannigfaltige der mit der er alle Einseitigkeit vermeiden will. Wenn ein solcher 
Empfindungen zur Einheit und Gesetlichkeit der Erfahrung Mann eben nicht ein großer Synthetiker wäre, dann würde er 
verbinden: In diesem Sinne spricht Kant von einer Synthesis auch nicht zum Antithetiker geworden sein: die innere Antithetik 
der Einbildungsfraft. und no< mehr. von einer Synthesis der seines Geistes ist die natürlihe und notwendige Kehrseite seiner 
Apperzeption, d. h. des ursprünglichen“ einheitlihen I<. Von ursprünglichen synthetischen Kraft. Es ist daher ganz falsch und 
dieser verknüpfenden Urtätigkeit des menschlichen Geistes ist in führt zu Verfälschungen, wenn man bei Kant eine Art Normal- 
diesem Zusammenhang jett nicht die Rede, zumal gerade diese lehre herausfinden will, die etwa durch allgemeinen Majoritäts- 
synthetische schöpferische Kraft des menschlihen Geistes shon beschluß festgestellt werden könnte. Das würde dazu führen, 
hinreichend gewürdigt worden ist, so von Natorp und Cassirer, daß Abweichungen Kants von dieser seiner „Normallehre“ 
im Ausland von Hoffaing, Dwelshauvers und anderen. Hier ist entweder ignoriert oder gewaltsam weginterpretiert würden. Damit 
vielmehr nur die Rede von jener anderen synthetischen ver» würde män Karts Natur völlig verkennen," würde damit aber 
mittelnden- Verbindungstätigkeit Kants selbst. Der weite Bli> auch die eben von Kant selbstaufgewiesene Natur des menschlichen 
eines großen Mannes zeigt sich eben vor allem darin, daß er Denkens Überhaupt verkennen: weist dom Kant überall auf. die 
imstande ist, Gegensäte, die bis dahin für unvereinbar galten, zu innere Antithetik hin, in der sich unser Denken notwendig mit 
einer neuen Einheit zu verschmelzen. Alle. Entwieklung vollzieht sich selbst entzweit, . 
sich ja in Gegensätzen, aber wahrhaft neues Fruchtbares kommt Die Vermittlerrolle erkannte Kant schon frühe als seine 
meistens nur dadurc< in die Entwicklung hinein, daß gegensäß- eigentlimliche Aufgabe. - Schon seine Erstlingsschrift, die zwischen 
liche Richtungen zu.“ neuen und Neues schaffenden . Einheiten Descartes und Leibniz vermitteln will, enthält hierauf bezügliche, 
verschmolzen werden. Daß dies gerade bei unserem Kant der sehr bemerkenswerte Aeußerungen in 8 20, 21 und 125. Näheres 
Fall ist, ist zwar schon öfters gesagt worden, aber es ist noM darüber findet sich in meinem 1922 in zweiter Auflage erschienenen 
nicht breit genug gewürdigt und noch nicht tief genug ausgeschöpft Kantkommentar 1, S. 37 ff., S. 43 ff. und bes. S. 58 ff. Hier 
worden, vor allem ist auch noch nicht hinreichend gezeigt worden, kann-ich nur noch auf den wichtigen Umstand hinweisen, daß Kants 
welche Konsequenzen resp. Widersprüche sich aus jener Vermittlungss Ideenlehre, d. h. seine Lehre über Gott, Freiheit und Unsterblichkeit 
tätigkeit ergeben. Bekannt genug ist zwar, daß Kant den Dog- ganz besonders jene vorhin geschilderten Züge der Antithetik aufweist. 
matismus: eines Descartes und Spinoza und besonders eines Kant wollte zwischen Dogmati8Smus und Skeptizismus vermitteln, 
Leibniz und Wolff mit den skeptischen Folgerungen des Empiriösmus und da boten sich hierfür drei Möglichkeiten; entweder positiv- 
von Bacon und. Locke, von Berkeley und Hume verknüpft und hypothetisch die mögliche Realität jener Begriffe zuzulassen, oder
	        
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