gesetzes nur noch übrig bleibt, seinen Allgemeinheitscharakter heraus-
zustellen.
Diese Allgemeinheit des Sollens ist daher jetzt zu formulieren. Es
muß für jedes empirische Ich ausnahmslos gültig sein, sofern es
— theoretische unbedingte Gültigkeit ist. Es muß aber zugleich auch
%t praktische Gültigkeit enthalten. D. h. das Sollen muß sich unmittel-
ie bar an jedes einzelne empirische Ich wenden. Es liegt im Begriff der
Y theoretischen Allgemeingültigkeit, daß das Gesetz des Handelns für
a jeden gültig sei. Als Gesetz des Handelns muß es daher jedem die
io formal gleiche Weisung erteilen. Daher darf es nur das allgemeine
1 Richtungsmoment des Handelns aussprechen, dieses aber als für
ß jeden gültig und sich an jeden wendend. Diesen Doppelcharakter des
x Allgemeinen herauszuheben, ist das Problem der Formulierung des
n Moralprinzips. Weil diese Allgemeinheit allgemeingültig ist und zu-
re gleich den individuellen, jedem empirischen Ich zugeordneten Willen
betrifft, so muß es ein Gebot enthalten, das ohne Einschränkung
sich an jeden wendet: „Handle so, daß die Maxime deines Willens
jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten
könne.“ (8 7 Grundgesetz der reinen praktischen Vernunft. V, 30.)
Das Sittengesetz im Prinzip hat also zweifellos einen wohldefinier-
baren Inhalt, einen Inhalt, der die Möglichkeit des Handelns des Ein-
A zelnen mitumfaßt. In welcher Weise und in welchem Maße, soll später
n besprochen werden. Dieser Inhalt betrifft keine Tatsachen, sondern
g ein über jeder Tatsächlichkeit schwebendes Gebot. Ob jemand dieses
T Gebot befolgt, ob er das Sittengesetz „realisiert“, darüber enthält die
ıS kantische Formulierung unmittelbar keine Aussage. Es betrifft daher
+ auch nicht die Tatsache der Motivation des Handelns, sondern es
gibt nur eine Richtung an, in der diese Motivation in jedem Einzelfall
3 ohne Ausnahme liegen soll. Wie die theoretischen Bedingungen des
Erfahrungsgegenstandes nur auf seine Möglichkeit gingen und nur
© Kriterien für sein Wirklichsein bedeuteten, so geht das Prinzip des
it Sittengesetzes nur auf die Möglichkeit des objektiv gültigen Handelns,
st indem es das Kriterium für dieses enthält. Die Einzeltatsache des
ie Irrtums über Erfahrungsgegenstände sollte durch die Kritik der theo-
T retischen Vernunft nicht beseitigt werden, weil tatsächliches Ver-
n halten immer nur korrigiert, aber niemals völlig beseitigt werden
d kann. Das Prinzip und Kriterium des objektiv richtigen Handelns
geht ebenfalls nur auf seine Möglichkeit, ohne das unsittliche, d. h.:
das objektiv falsche Handeln beseitigen zu können. Die Tatsache des
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