als den Normen hierfür bestehen. Die gültige Ordnung muß gleich-
sam abgebildet sein auf das Wirkliche.
Diese Forderung aber erfüllt allein das vernünftige Ich, das sowohl
denken wie handeln kann und dessen Aufgabe es ist, das Gedachte
in Einklang mit dem Handeln zu bringen. Indem es denkt, verknüpft
es das Gültige oder, wie Kant sagt, den Begriff mit seinem empiri-
schen Bedeutungserlebnis, das seinerseits zum kausalen Träger für
die Auslösung der zielhaften Handlung wird. Wohl kann auch rein
instinktiv gehandelt werden, aber kraft der menschlichen Vernunft,
von der die Handlungen beim Tun vernünftiger Wesen ausgehen,
muß jede Handlung wenigstens die Beziehung auf mögliche motivie-
rende Denkakte in sich bergen. Den Anfang einer Handlung aus Frei-
heit bilden, bedeutet nichts anderes, als Glied der übersinnlichen,
intelligiblen Ordnung sein, und das heißt jetzt, wie wir wissen, Glied
des Reiches gültiger Ordnungen sein und dabei zugleich Bedeutungs-
erlebnis in ichhafter Gliederung für ein empirisches Ich sein. Wenn
aus Achtung vor dem Sittengesetz gehandelt werden soll, so ist diese
Achtung in einem empirischen Bewußtsein nur möglich, wenn es um
das Sittengesetz weiß. Das Wissen um das Sittengesetz also ist not-
wendige Voraussetzung für jeden psychischen Vorgang der Achtung
vor ihm, wie immer der Einzelne dieses Gesetz sich auch formulieren
oder gar nur ahnen mag. Auch diese Überlegungen Kants münden
daher in der Voraussetzung ein, daß der Begriff der Grund, der An-
fang und der Ursprung des freien Handelns ist.
Die Freiheit ist die dynamische, prozeßhafte Möglichkeit für das
denkende Ich, jeglichen Inhalt denken zu können und diesem Inhalte
gemäß zu handeln. Frei sein aber bedeutet nicht sowohl frei sein von
etwas, als vielmehr frei sein /ür etwas. Freiheit im positiven Verstande
verlangt eine Richtung des Handelns und damit eine Richtung des
Denkens. Freiheit nimmt ihren Ursprung aus den Denkinhalten, die
gültig sind und in ihrer Kulturwertbedeutung vom Ich erfaßt werden
können. Das bloße Denken des Gültigen reicht nicht hin, um als
Grund das sittliche Handeln auszulösen. Die Tugend besteht nicht im
Wissen. Vielmehr bedarf es dazu noch des Innewerdens dieses Gül-
tigen, als eines objektiven Wertes in der persönlichen Gliederung der
Wertrangordnung, in die das die Handlungen motivierende Bewußt-
sein seine Umwelt anordnet. Das Ich muß von der Wertbedeutung
des Gültigen innerlich völlig ergriffen sein, damit das Wissen die
Tugend auslöst. Das ist der psychologische Sinn von Kants Achtung
vor dem Sittengesetz.
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