in den festgestellten Gültigkeitsbezirk der allgemein gültigen religiösen
Gegenstände aufzunehmen. Religion innerhalb der Grenzen der bloßen
Vernunft wird daher zu einem einzigen großen Postulat der Einheit
der Vernunft als der Einheit des Kulturbewußtseins. Der religiöse
Gegenstand nämlich, vor allem der Inbegriff der höchsten Werte in
der personalen Gestalt Gottes, unterscheidet sich vom metaphysischen
Gegenstande durch die eigentümliche Erlebnisnähe der Wertgestalt
Gottes.
Während für den metaphysischen Gott zwar auch das Erlebtwer-
den von wesentlicher Bedeutung ist, der intentionale Gehalt dieses
Erlebens aber theoretisch gedeutet wird, so daß das Ich und die Per-
sönlichkeit des einzelnen nur um diesen Gehalt zu wissen braucht,
ohne in ein eigentliches tieferes Gemütsverhältnis zu der Totalität der
Werte in Gott zu treten, macht diese Passivität des bloßen Wissens
beim religiösen Gotteserleben einer eigentümlichen praktischen Akti-
vität des Ich Platz. Das Glaubenserlebnis verbindet das Eigentümliche
der Persönlichkeit des einzelnen empirischen Individuums, verbindet
seine empirische Seele in allen ihren Fasern mit dem höchsten Werte
als Inbegriff aller Wertordnungen und Rangverhältnisse. Gott erleben
im religiösen Sinn heißt, diese Totalität der Werte gleichsam zu seinem
eigenen personalen Wertgefüge machen, heißt in dieser Totalität
leben, bedeutet, sie in sich gleichsam als wirklich und vollendet er-
leben. Es ist der Sinn des mystischen Erlebens. Dabei wird diese Stim-
mung auf und ab wellend getragen von einem ewigen Wechselspiel
der Annäherung, des Strebens des Ich nach dieser Totalität und wie-
derum des Erreichthabens, des Ausruhens in dieser Totalität, der Ruhe
in Gott. Und diese Welle interferiert mit einer anderen, die das Ich
sich schaudernd von Gott entfernen läßt. Erlösungsbedürfnis und hei-
lige Ruhe im Göttlichen, das stille Sehnen des frommen Menschen
nach Gott und die verzückte Ekstase des Mystikers, der in Gott lebt,
auf die das Zurückweichen in furchtsame Endlichkeit folgt, sind die
Extreme der verschiedenen psychischen Abwandlungen des Gott-
erlebens in seiner religiösen Bedeutung. Gott selbst als der Gegenstand
dieses Erlebens ist aber nicht der einzige religiöse Gegenstand. Das
gerade ist das Eigentümliche, daß in diesem Erleben das eigene Ich
sich zu größter Lebendigkeit und Wertentfaltung erhebt. Religiöses
Erleben ist Zwiegespräch zwischen dem endlichen, sehnenden Ich
und Gott, zwischen Seele und Gott.
Und diese Dynamik zwischen Seele und Gott, die ja so oft im Gebet
ihren wortgefaßten Ausdruck findet, bewegt sich durch das Medium
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