begrifflicher Kenntnisnahme die Realisierung für die Harmonie auf
dem Felde der wissenschaftlichen Erkenntnis darbietet.
3. Wenn die Kunsttheorie Kants ebenfalls beherrscht ist von den
theoretischen Strukturmächten, die er sich in der Kritik der reinen
Vernunft entwickelt hatte, so ist dies vornehmlich in der Frage-
stellung begründet, mit der er an die Tatsache der Kunst herantritt.
Soll irgendein Sinngebiet als Kulturwert erwiesen werden, so ist vor
allem seine objektive Gültigkeit, von der wir ja gesehen hatten, daß
sie unzertrennlich am Begriff des Kulturwertes hängt, sicherzustellen.
Gültigkeitsprobleme zu lösen aber ist die Lebensaufgabe, die sich
Kant gestellt hat. Daher entsteht für Kant hinsichtlich der Kunst-
theorie die Hauptaufgabe, nachzuweisen, daß in den Gegenständen
der Kunst wie der schönen Natur ein eigentümliches Gestaltungs-
prinzip waltet, das allgemein gültig ist und dabei von den sittlichen
Gestaltungsnormen verschieden ist. Gültigkeit und selbständige Struk-
tur, die eine eigentümliche Gesetzgebung verbürgt, nachzuweisen,
sind die Ziele der Kritik der Urteilskraft. Daher muß diese Kritik in
erster Linie die formalen Komponenten des Problems des Ästhetischen
berücksichtigen. Sie behält den kritischen Grundgedanken des theo-
retischen Hauptwerkes bei, indem sie das ästhetische Erleben an der
Gesetzlichkeit des Urteils mißt. Das ästhetische Urteil oder, wie Kant
es nennt, das Geschmacksurteil bildet daher den Ausgangspunkt seiner
Untersuchung. Es gilt für Kant, die objektive Wertbedeutung des Schö-
nen und der Kunst herauszustellen. Diese Aufgabe ist beim ästheti-
schen Werte von besonderer Schwierigkeit, weil das eigentümliche
Erlebnisgefüge des ästhetischen Gegenstandes dem Bestreben nach
gegenständlicher Bestimmung besondere Widerstände entgegenstellt.
Kant stellt die Frage, wie reine Ästhetik als Wissenschaft möglich
ist und er beantwortet sie, indem er die objektive Gültigkeit des Ge-
schmacksurteils begründet. Die Probleme einer Geschichte oder
Theorie einzelner Kunstwerke oder Kunstgattungen, der Künstler
oder des künstlerischen Schaffens haben für ihn nur sekundäre Be-
deutung; erst mußte die Hauptfrage für ihn gelöst werden, die die
Möglichkeit abgab für jene der Ästhetik logisch nachgeordneten Ge-
biete. Es gelingt ihm, das Ästhetische zum erstenmal als eine Gegen-
standsart sui generis zu erkennen, die zu den Grundwerten gehört,
über die also nicht mehr hinausgefragt werden kann. Sie muß sich
durch ihre eigentümliche Struktur als gültig erweisen lassen. Der
ästhetische Wert wird als primärer, nicht weiter ableitbarer Kultur-
wert entdeckt und begründet.
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