Full text: Kant

einzuschmelzen, Die Voraussetzung eines durch göttliche Zwecksetzung 
begründeten Zusammenhanges, der alle Teile des physischen Weltalls 
zu einem mechanischen System verknüpft, ist den großen vorkanti- 
schen Denkern, Descartes wie Locke, Newton wie Leibniz gemeinsam. 
„Die Auffassung der Welt als einer Maschine stand bei diesen großen, 
dem Weltbesten tätig und mit glücklichem Optimismus zugewandten 
Geistern in innerem Zusammenhang mit der Annahme eines höchsten 
Wesens, welches diese Maschine so eingerichtet hat, daß sie das Welt- 
beste ermöglicht. — An die Stelle der einzelnen, kleinen und willkür- 
lichen Zweckhandlungen Gottes (die seit dem Mittelalter angenommen 
waren), tritt ein einziger teleologisch begründeter, logisch geordneter 
Zusammenhang des Universums nach Gesetzen”.“ 
Kant glaubt einen hinreichend begründeten Zugang zu dieser teleo- 
logischen Betrachtungsweise der Welttotalität gewonnen zu haben, 
indem er von der Zweckmäßigkeit des organischen Lebewesens, der 
inneren Zweckmäßigkeit, mit Notwendigkeit auf die äußere Zweck- 
mäßigkeit der Naturdinge überhaupt einen Schluß wagt. „Es ist also 
nur die Materie, sofern sie organisiert ist, welche den Begriff von ihr 
als einem Naturzwecke notwendig bei sich führt, weil diese ihre spe- 
zifische Form zugleich Produkt der Natur ist. Aber dieser Begriff 
führt nun nothwendig auf die Idee der gesammten Natur als eines 
Systems nach der Regel der Zwecke, welcher Idee nun aller Mecha- 
nism der Natur nach Prinzipien der Vernunft (wenigstens um daran 
die Naturerscheinung zu versuchen) untergeordnet werden muß.“ 
(V, 378/79.) Diese Schlußweise ist schon darum nicht zwingend, weil 
eine für die organische Natur spezifische Bestimmungsgröße ohne 
weiteres auf die gesamte Natur übertragen wird. Dazu tritt der Unter- 
schied in der Art der Zweckmäßigkeit hinzu. Denn jetzt ist der Zweck 
nicht im Gegenstande selbst enthalten, sondern liegt über ihn hinaus, 
so daß er entweder Zweck oder Mittel für einen anderen ist. Die Pflan- 
zen etwa dienen zur Erhaltung und Förderung der Tiere, die Tiere 
wiederum zu der der Menschen. Kant gibt selbst zu, daß durch der- 
gleichen äußere Zweckzusammenhänge nichts erkannt werden könne, 
schon darum nicht, weil sie der Willkür nicht entgehen können. 
Es muß daher ein tieferer Gesichtspunkt am Zweckbegriff sein, der 
ihm diesen Übergang zum „System der Zwecke“ begründet. Nämlich 
schon die Idee des Naturzwecks im Organismus führt uns über die 
Sinnenwelt hinaus; „da denn die Einheit des übersinnlichen Princips 
nicht bloß für gewisse Species der Naturwesen, sondern für das Natur- 
ganze als System auf dieselbe Art als gültig betrachtet werden muß“. 
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