und besondere Geschehen in diesem Zusammenhange zu einem not-
wendigen Gliede des Ganzen wird. Jetzt sind Natur und Kultur unter
dieselbe Gesetzmäßigkeit hinsichtlich ihrer einzelnen Gegenstände
gestellt. Die Welt ist eine Einheit geworden für das Erlebtwerden in
einem Bewußtsein. Als normative Wertwelt ist sie das „Bild“ der Welt,
wie es dem Kulturbewußtsein muß gegenwärtig sein können.
Betrachten wir diesen Gesamtaufbau des kantischen Lebenswerkes
noch unter umfassenderen Gesichtspunkten, die sich ergeben, sobald
wir das eigentümlich subjektiv-objektive Korrelat des Zweckbegriffes,
den Wert, in dem ganzen Umfange seiner Gefügemannigfaltigkeit dem
kantischen Gedankenbau einfügen. Die sogleich zu erhärtende Tat-
sache dieser Möglichkeit beweist, daß das kantische System in tiefe-
rem Sinn die Welt der Werte zum erstenmal zu einem geschlossenen
System zusammenfaßt, indem es seine oberste Spitze, die Vernunft,
als die primäre Wertfunktion offenbart, was nichts anderes bedeutet,
als die Vernunftgesetzlichkeit in einer Theorie des Kulturbewußtseins
zu entfalten.
4. Das kantische System macht parallel zu seiner zeitlichen Entfal-
tung eine systemhafte Entwicklung durch. Es beginnt mit der kahlen
theoretischen Korrelation Ich-Urteilsgesetzlichkeit den Gegenstands-
begriff in seine logischen Momente auseinanderzulegen. Diese formale
Funktion am Gegenstande tritt jedoch immer mehr in den Hinter-
grund, je mehr der Vordergrund mit den nacheinander auftauchenden
Kulturwertgebieten belegt wird. Nachdem die Gesamtheit der als
Grundwerte erkannten Gegenstandsformen analysiert und in ihrer Gül-
tigkeit begründet ist, ist das Geschäft der nach kritisch-wissenschaft-
licher Methode verfahrenden Philosophie beendet. Aber das hierdurch
bedingte bloße Nebeneinanderstehen dieser Werte läßt eine letzte sie
zusammenfassende Einheit in Gestalt eines Sinnzusammenhanges ver-
missen, wiewohl bereits Ansätze dazu innerhalb der kritischen Me-
thode erkennbar sind. Diese letzte Einheit im Begriff des Kultur-
bewußtseins vollzieht Kant mit seiner Teleologie. Sie ermöglicht diese
Einheit unter Zuhilfenahme der Ganzheitsfunktionen der Metaphysik.
Zwischen dem Ich und der Welt als Ganzheit besteht eine teleologisch
geordnete Korrelation. Das Ich ist in ihr nicht mehr bloß die erkennt-
nistheoretische formale Ichheit, sondern ein Zwecksystem, das seine
Inhalte aus den Spannungen gegen die bestehende Welt entnimmt.
Dabei geht aber dieses System nicht in der subjektiven, zeitlichen Be-
dingtheit auf, sondern es besitzt seine bestimmte Beziehung zum zeit-
los Gültigen. Es verleiht dem zeitlos Gültigen geradezu erst seinen
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