Full text: Kant

lediglich in der Zusammenstimmung der Erkenntnis mit sich selbst bei gänzlicher 
Abstraktion von allen Objecten insgesammt und von allem Unterschied derselben.“ 
(IX, S. 51.) „Denn vor der Frage, ob die Erkenntnis mit dem Object zusammen- 
stimme, muß die Frage vorhergehen, ob sie mit sich selbst (der Form nach) zu- 
sammenstimme?‘“ Und dies ist Sache der Logik. An anderer Stelle (II, S. 214) 
spricht Kant von der „logischen (analytischen) Verwandtschaft“ von Begriffen. 
Die formalen Kriterien der Wahrheit in der Logik sind 1. der Satz des Wider- 
spruchs, 2. der Satz des zureichenden Grundes, Durch den ersteren ist die logische 
Möglichkeit, durch den letzteren die logische Wirklichkeit eines Erkenntnisses be- 
stimmt. (IX, S. 51.) Daher ist der Satz des Widerspruchs „das allgemeine und völlig 
hinreichende Principium aller analytischen Erkenntnis“. (III, S. 142.) Hinsichtlich 
der analytischen Sätze erklärt Kant, daß auch sie die Erkenntnis vermehren, eben- 
so wie die synthetischen Sätze. „Die synthetischen Sätze vermehren das Erkenntnis 
materialiter, die analytischen bloß formaliter. Jene enthalten Bestimmungen (deter- 
minationes), diese nur logische Prädikate.‘“ „Die Identität der Begriffe in analyti- 
schen Urtheilen kann entweder eine ausdrückliche (expliciter) oder eine nicht- 
ausdrückliche (impliciter) sein. Im ersteren Falle sind die analytischen Sätze tauto- 
logisch.“ (IX, S. 111.) „Die impliciten identischen Sätze sind nicht ‚folge- oder 
fruchtleer‘, denn sie machen das Prädikat, welches im Begriffe des Subjects un- 
entwickelt (implicite) lag, durch Entwickelung (explicatio) klar.“ Die formale 
Logik besteht also aus impliziten analytischen Urteilen. 
Kant faßt den Begriff des Analytischen so weit, daß er in der Tat eine Erweite- 
rung der Erkenntnis bedeutet. Trotzdem darf er die Trennung zwischen analytisch 
und synthetisch aufrechterhalten, indem er sie als erkenntnistheoretische dyna- 
mische Funktion auffaßt. Es ist daher kein Einwand, wenn man auf die berühmte 
Anmerkung in der Kr. d. r. V. hinweist: „nur vermöge einer vorausgedachten mög- 
lichen synthetischen Einheit kann ich mir die analytische vorstellen.... Und so 
ist die synthetische Einheit der Apperception der höchste Punkt, an dem man 
allen Verstandesgebrauch, selbst die ganze Logik und, nach ihr, die Transzendental- 
Philosophie heften muß, ja dieses Vermögen ist der Verstand selbst.“ (III, S. 109.) 
Hiernach behält die formale Logik den analytischen Charakter ihrer Urteile 
durchaus bei; denn ihre Aufgabe besteht lediglich darin, den Wahrheitsbegriff nach 
seinen. formalen Bestimmungen hin aufzulösen. Dessen Synthesis aber beruht auf 
der synthetischen Einheit der Apperception. Erst die erkenntnistheoretische Auf- 
fassung der Unterscheidung hebt diese Unstimmigkeit auf. Die Erklärung, die 
Kant von den analytischen Urteilen am Anfang der Kr. d. r. V. gibt, ist zu statisch 
gehalten; sie wird dem tieferen dynamischen Sinn der Unterscheidung nicht ge- 
recht. Kant hat mit den analytischen Urteilen nicht bloß die tautologischen Sätze 
gemeint. 
Kant hat daher als allgemeinstes Prinzip jeglicher Art von Urteilen den Begriff 
des Synthetischen aufgestellt. Innerhalb dieses Begriffes aber unterscheidet er 
zwei Richtungen des Erkenntnisprozesses. Die eine besagt, daß der Erkennende 
von einer Synthesis als gegeben auszugehen hat und diese zerlegt; bei der anderen 
Richtung geht er vom Zerlegten aus und setzt es zusammen. Beide Richtungen 
stehen unter der allgemeinen Synthesis, indem sie deren mögliche Arten erschöpfen. 
Die Gegenstände der formalen Logik sind daher die Prinzipien der analytischen 
Erkenntnis in dem erweiterten Sinn des implizit Analytischen. Die Methode der 
formalen Logik, d. h. die logisch erkenntnistheoretische Struktur der Urteile. in 
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