der Blüteperiode geworden sein mag. Es schwebt gleichsam über die-
sen Einzelwerdungen der Kulturen die Idee des Kulturhaften über-
haupt, die Kulturseele schlechthin als das Gültige, das Wahre. In
ihrem Begriff sammelt sich der Ewigkeitsgehalt des Gültigen, das
jegliche Kultur in sich birgt.
Kultur ist daher zunächst historische Einzeltatsache, die irgend-
wann und irgendwo stattgefunden hat oder stattfindet. Sie ist ferner
der Gattungsbegriff all der historischen Einzelkulturen, und dann
bedeutet sie den Inbegriff der Veranstaltungen, die zur Verwirk-
lichung der durch die objektiv gültigen Werte normierten Ordnungen
unmittelbar und mittelbar dienen. Dieser zweite, mehr abstrakte
Begriff der Kultur gehört der Philosophie an, denn die Geschichts-
wissenschaft kennt ohne Zuhilfenahme philosophischer Begriffe
immer nur Einzelkulturen. Die Kultur ist dann ein Reich von
Zwecken und Mitteln, deren oberste Zwecke als Selbstzwecke auf-
treten und die durch jene unbedingt gültigen Werte bestimmt sind.
Dieser Kulturbegriff steht aber immer noch der Ebene des Histo-
risch-Tatsächlichen nahe, sofern er von dessen Mannigfaltigkeiten
abgezogen ist und gleichsam nur deren Generalnenner bedeutet. Er
steht daher stets in genauer und unablösbarer Korrelation zur Natur-
wirklichkeit, die mit ihren faktischen Gegebenheiten, wie Klima,
Bodenbeschaffenheit, das notwendige Material darbietet für die
mögliche Gestaltung des Kulturprozesses und die zugleich mit ihrer
Ordnungsgesetzlichkeit, wie sie in den Naturwissenschaften entfaltet
wird, einen leitenden Einfluß auf die Zusammenhänge zwischen den
Kulturzwecken und Mitteln ausübt. Kultur ist nur möglich innerhalb
der Natur. Natur begrenzt nicht nur den Kulturprozeß, sondern sie
bestimmt ihn zugleich. Sie ist ferner in der Gestalt von menschlichen
Trieben und Leidenschaften nicht bloß das WW öv der Kultur, sondern
von den Leidenschaften aus werden auch die großen Spannungen
geboren, die das wertvolle Sein der Kultur erst ermöglichen und zu-
gleich hervortreiben.
Kultur kann nun weiter gedeutet werden als das ideelle Ziel des
faktischen Kulturprozesses; das ist ein dritter Begriff der Kultur, der
über den wissenschaftlich-diskursiven Gegenstand der Geschichts-
wissenschaften hinausweist. Kultur kann als Idee dieses Prozesses
gedacht werden, indem sie vollendet gedachte Verwirklichung der
Wertordnungen bedeutet. Es ist klar, daß die Kulturidee ihren ein-
deutigen Bezug zur Geschichte und zur Naturwirklichkeit einbüßen
muß. Sie ist metaphysischer Begriff geworden, dessen Notwendigkeit
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