mos von einer gedanklichen harmonisch-mathematischen Einheit ge-
genübertritt. Das logische Gefüge dieses Weltgedankens wird be-
herrscht von jener einfachen Auffassung über das Wesen des Begriffs,
die den Umfang der in ihm befaßten Gegenstände ins umgekehrte Ver-
hältnis mit dem Inhaltsreichtum setzt und daher die Weltordnung in
Gestalt einer Begriffspyramide denkt, deren Spitze in der allgemeinen
Weltvernunft gipfelt. Sie wird in realen Beziehungen zum Welt-
geschehen gedacht, indem sie zum Grund und Baumeister der Welt
gemacht wird. Die dadurch in den Kosmosgedanken hineingetragene
zweckhafte Struktur gliedert das einzelne Ding trotz seiner mathe-
matischen Bestimmtheit in den Zweckzusammenhang der Ideen des
weltschöpferischen Nous ein.
Zugleich aber wird dieBesinnung über die Gesetzlichkeit der eigenen
menschlichen Vernunft wach. Der Logos als ein selbständiges Seins-
gebiet wird entdeckt und zugleich die logisch-psychologische Ver-
knüpfung der Weltordnung mit der Vernunft. Es beginnt der unge-
heure Siegeslauf der menschlichen Vernunft, die es wagt, das viel-
farbige sinnlich wahrnehmbare Geschehen nach den mathematisch-
astronomischen Gesetzen der Kreisbewegung, die ihren Wahrheits-
grund allein in der sich an ihr eigenes Gesetz erinnernden Vernunft
finden, zu ordnen und im Ptolemäischen Weltsystem den Versuch
einer Konstruktion zu machen, die die Wirklichkeit auf eine einheit-
liche Weltformel bringt. Und an dieser Wirklichkeit wird neben der
Naturordnung ein neues Gegenstandsgebiet entdeckt und in seinen
Grundlinien immer schärfer herausgearbeitet. Der Mensch in seinen
geistigen und technischen Beziehungen zu größeren Gemeinschaften
wird als Kulturwesen erkannt, und die Bedingungen, namentlich in
Rücksicht auf die Staatseinheit, unter denen die Kulturwerte in der
Form der Tugendhaftigkeit des einzelnen C%ov xohrtıxöv verwirklicht
werden können, werden in der Gestalt eines Idealstaates erschaut und
festgelegt.
Der Erkenntnisbegriff aber ist von vornherein im Griechentum ver-
flochten mit den Methoden künstlerischen Schauens. Überall wird
ein Mittelpunkt, ein Prinzip von plastischer Gestaltungskraft gefordert
und entdeckt, um das sich die anderen zur Sache gehörigen Inhalte
in harmonischer Ordnung herumlegen, so daß eine Erlebniseinheit von
Inhalten entsteht, die von einer organisch-zweckhaften Einheitlich-
keit ist, wie sie die Systemeinheit rein theoretisch-wissenschaftlicher
Analyse nicht darbieten kann. Daher tritt der erkenntniskritische
Grundgedanke von der Wechselbeziehung zwischen Vernunft- und
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