die gann, desto größer wurden seine Einbrüche in das innerseelische Ge-
nnt- biet der Mystik. Das theoretische Gefüge der Seele mußte sich gleich-
heit sam immer mehr vor der theoretischen Objektivität der Welt zurück-
des- ziehen, so daß das eigentümliche Leben der Seele, ihre Individualität,
ıelle für das mystische Erleben abzusterben Gefahr lief. Die Mystik der
äh- neueren Zeit schuf daher eine neue Seelenenergie, die der Selbst-
Ab- behauptung des seelischen Lebens in unermeßlicher Weise zugute
kommen sollte. Im Gegensatz zum Intellektualismus der mittelalter-
HEN lichen Mystik ist jetzt der Träger des Erlebens der Wille. Wir begeg-
\uS- nen diesem Voluntarismus in der ausgeprägtesten Gestalt dieser spä-
der teren Mystik, in Jacob Böhme. In ihm laufen die mystische Natur-
um philosophie des Gedankenkreises von Paracelsus, die das objekt-
'elt- bezogene Weltelement repräsentiert, mit der auf willentlicher Grund-
‚er lage, auf dem freien Willen des „Urgrundes‘ und „dem wesentlichen
nde Ein in dem Willen“ zu vollziehenden Vereinigung der Seele mit Gott
Se- zusammen. Die Welt ist selbst in ihrem Urgrunde unterschieden in
ten. das Gute und in das Böse. „Dieser zweifache Quell, bös und gut in
nis- allen Dingen, rührt alles aus den Sternen her.“ Der Körper wird unter
stik Aufnahme astrologischer Begriffe zum Mikrokosmus des Alls symbo-
lisiert, während die Seele als eine religiöse Kleinwelt lebt, die ihre
usa Gliederung von der göttlichen Trinität empfängt. Im Kampfe des
hen guten Willens der Seele mit den sinnlichen Trieben soll sich der
iten Mensch Gott anheimgeben; „wenn er den rechten Glauben ergreift, so
der dringt er durch den Zorn Gottes, durch den Tod ins Leben, und
ens herrschet mit Gott‘.
itzt, Gewiß dringt Böhme nicht zur Eigengesetzlichkeit des Willens vor,
alle aber den Willen und die moralische Unterscheidung als Deutungs-
des prinzip der freilich stark astrologisch und paracelsisch gesehenen
seele Naturwirklichkeit verwendet zu haben, ist ein Moment, das nicht nur
ver- die deutsche Mystik um neue Ideen bereichert, sondern auch der Ent-
gie wicklung des philosophischen Gedankens das Erlebnismaterial zur
ınt- späteren transzendental-idealistischen Weltkonstruktion an die Hand
ge- gibt.
die Die Mystik strömt auf Kant nicht bloß vom allgemeinen Geiste der
ff. damaligen Kultur ein, sondern er steht auch in ganz persönlichem
eise Zusammenhang mit ihr. Wir wissen, wie stark seine Jugenderziehung
ist im Hause wie in der Schule vom damaligen Pietismus geformt war.
heit Kant hat den pietistisch denkenden Leiter der Friedrichsschule, Fr.
A. Schultz, durch die er gegangen ist, stets mit dankbaren Gefühlen
be- genannt.
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