gestellt, sondern eine Beziehung zwischen Naturgegenständen erkannt,
die von den individuellen Wahrnehmungen eines Ich völlig unab-
hängig ist. Dann muß jedes mögliche erkennende Ich dieselbe Erfah-
rung über diese Beziehung machen können. Das ist dann der Fall,
wenn der Folge meiner Eindrücke ein bestimmtes Verhältnis von
Naturgegenständen entspricht. In der Wahrnehmung offenbart sich
so ein Dasein, das die Sicherheit gibt, daß die dem dinglichen Ver-
hältnis entsprechende Wahrnehmung nicht auf mich und den Augen-
blick beschränkt ist, sondern daß alle Subjekte unter den gleichen
Umständen die gleiche Wahrnehmung haben werden. Diese Bürg-
schaft drückt die Kausalitätsrelation aus. Sie ist etwas toto genere
anderes, als was Hume unter der psychologischen Gewöhnung an die
Aufeinanderfolge derselben Eindrücke verstand.
Der Satz nun, in dem die Kausalität als allgemeine logische Be-
dingung der Erfahrungsgegenstände sich ausspricht, gehört zu den
gesuchten synthetischen Urteilen a priori. Denn er ist kein Satz, der
aus einzelnen Erfahrungen abgeleitet werden könnte, weil er eine
Bedingung darstellt, die jede einzelne Erfahrung als Gegenstandsbe-
stimmung überhaupt erst ermöglicht. Dies Beispiel zeigt bereits, daß
die synthetischen Urteile a priori nicht in derselben Gültigkeitsebene
liegen können wie die Urteile a posteriori. Dennoch besteht ein be-
stimmter Zusammenhang zwischen beiden Urteilsarten. Die Gültig-
keit des empirischen Urteils, die nur relativ ist, ist nur möglich unter
der Bedingung der allgemeinen und unbedingten Gültigkeit der syn-
thetischen Urteile a priori. Denn diese klären die allgemeine Form-
gesetzlichkeit der Erfahrungsurteile auf und begründen deren Gültig-
keit, soweit sie allgemeiner Kriterien bedarf.
Sie sind daher die allgemeinen Kriterien, deren die Wissenschaften
für jedes ihrer Urteile, unangesehen ihres besonderen Inhaltes, be-
dürfen, um gültig zu sein, d. h. Gegenstände zu bestimmen. Der Be-
griff der Mathematik und der Begriff der Naturwissenschaft wird als
gültig erst durch sie bestimmt. Daher zergliedert sich die allgemeine
Fragestellung nach der Möglichkeit der synthetischen Urteile a priori
in die Sonderfragen: Wie ist reine Mathematik möglich? Wie ist
reine Naturwissenschaft möglich? Nicht ob sie möglich sind, ist das
Problem, denn diese Frage ist durch die anerkannte Wissenschaft-
lichkeit dieser Disziplinen bereits beantwortet. Daß und warum Kant
die Frage nach der Möglichkeit der reinen Logik nicht stellt, ist durch
das Vorangegangene bereits klargestellt. Nun bleibt aber noch ein
theoretisches Gedankengebilde übrig, das bisher mit dem Anspruch
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