mathematischen Größenbedeutung zu nehmen und ist dann als eine
logische Eigentümlichkeit der wissenschaftlichen Naturbetrachtung
zu bewerten. Die Kategoriendreiheit bestimmt den wirklichen Gegen-
stand jedenfalls nur in seiner Wirklichkeit, sie bestimmt das Daseins-
moment an ihm, unbekümmert darum, ob er der Naturwirklichkeit
oder der Geschichtswirklichkeit angehört. Nur die Existenz schlecht-
hin wird definiert, aber einen besonderen Modus zu existieren, schließt
diese Definition nicht ein. Hier erhebt daher Kant seinen Erfahrungs-
begriff zur vollen Allgemeinheit, indem er nunmehr die Gegenstände
aller möglichen Wissenschaften von der Wirklichkeit zu umspannen
vermag.
9. Diese Ausweitung des Gegenstandsgedankens findet ihre aus-
drückliche Formulierung und ihren gedanklichen Abschluß in den
letzten Kapiteln der transzendentalen Analytik, die „die Postulate des
empirischen Denkens überhaupt‘ enthalten. Das zweite und bedeut-
samste dieser Postulate lautet: „Was mit den materialen Bedingungen
der Erfahrung (der Empfindung) zusammenhängt, ist wirklich.‘ Die
Wahrnehmungsmöglichkeit wird dadurch zum „einzigen Charakter
der Wirklichkeit‘ erhoben, und der Begriff des Wirklichen über-
haupt erfährt so seine einzig mögliche kritische Definition. Zugleich
wendet sich Kant zum zweiten Male, wenn wir uns erinnern, daß jeg-
liche Deduktion ein analytisches Verfahren der bloßen Begriffsbe-
arbeitung war, gegen die Methode der hergebrachten Metaphysik.
Aus bloßen Begriffen und Begriffszusammenhängen läßt sich niemals
das wirkliche Dasein eines Gegenstandes deduzieren. Den Gültigkeits-
ansprüchen der vorkantischen metaphysischen Ontologie wird hier-
durch jeglicher Boden entzogen. Das Kriterium für Daseiendes ist
mögliche Erfahrung. Das wissenschaftlich bestimmbare Reich der
wirklichen Gegenstände ist an die Beobachtung, an die mögliche sinn-
liche Wahrnehmung gebunden.
Diese Wahrnehmungsmöglichkeit aber hat zwei Richtungen. Sie
kann. sich sowohl auf die sogenannten äußeren wie auf die inneren
Gegenstände erstrecken. Der Begriff des wirklichen Gegenstandes
erfährt mit diesen Bestimmungen Kants seine letztmögliche Ausdeh-
nung. Die Innenwelt meines Bewußtseins steht ebenso unter den
materialen Bedingungen der Wahrnehmbarkeit und gehört somit
ebenso zum Bereich der wirklichen Gegenstände, wie die Gegen-
stände der äußeren Wahrnehmung. Die Vorstellungen des eigenen
Ich glaubt man auch heute noch vielfach mit einer unfehlbaren
Sicherheit erkennen zu können, der gegenüber die Erkennbarkeit der
"7°