zurückzieht, in der transzendentalen Ästhetik zum Abschluß zu brin-
gen. Verfolgt man nämlich den Gegenstandsgedanken Kants bis in die
äußersten Bedingungen, d. h. bis zum Korrelationsgedanken zwi-
schen Ichheit und Urteil, so ist man gezwungen, zuzugeben, daß weder
die transzendentale Ästhetik noch das entsprechende Kapitel in den
Prolegomena die hinreichenden Begriffsmittel enthalten, um die Gül-
tigkeit der mathematischen Gegenstände zu beweisen. Es wäre ver-
fehlt, darauf hinzuweisen, daß die reine Mathematik es ja doch nur
mit Begriffen, und nicht mit daseienden Gegenständen zu tun habe,
so daß die mathematischen Inhalte in den Rahmen der Bedingungen
des kantischen Gegenstandsbegriffs überhaupt nicht hineingehörten.
Dieser Schluß wäre nur unter der Voraussetzung eines logischen Ab-
standes zwischen mathematischem Begriff und mathematischem
Gegenstande möglich, wie er zweifelsohne bei Kant nicht zutrifft.
Denn Kant hebt verschiedentlich die Korrespondenz, nicht Identität,
zwischen Begriff und Gegenstand, der durch die reine Anschauung
gegeben werden müsse, hervor. (III, 469.)
Es kann aber kein Zweifel darüber bestehen, daß Kant im mathe-
matischen Gegenstande ein besonderes Problem erkennt, das mit dem
Beweis der synthetischen Begriffsstruktur der mathematischen In-
halte nicht erschöpft ist. Gerade die Korrelation zwischen Begriff und
Anschauung ist es erst, die die mathematischen Inhalte zu Gegen-
ständen macht. Begriff und reine Anschauung produzieren gleichsam
in der Konstruktion der Anschauung durch die Begriffsgesetzlichkeit
den mathematischen Gegenstand. Erst der Anschauungsfaktor ge-
währt Kant die Möglichkeit, die synthetische Form der mathema-
tischen Urteile nachzuweisen, die es erlaubt und fordert, über den
Subjektsbegriff „hinauszugehen‘“. Aber bei der Analyse dieser Syn-
thesis dringt Kant nicht bis zu dem allgemeinen Prinzip der Gegen-
ständlichkeit vor, wie wir es in der Korrespondenz zwischen Ichheit
und Urteilsgesetzlichkeit kennen lernten, wie es der Begriff der reinen
Anschauung unbedingt fordert; dennoch bedeutet die besondere Fas-
sung dieses Begriffs in der transzendentalen Ästhetik den ersten
Schritt zur Entfaltung dieser Korrelation. Denn die reine Anschauung
bestimmt sich als die Ordnungsgesetzlichkeit der Mannigfaltigkeit
der zeitlichen und räumlichen Beziehungen. Das Zeitmoment aber,
obschon hier gerade die objektive Seite des Zeitbegriffs herausgestellt
wird, enthält bereits die engsten Beziehungen zur Erlebbarkeit von
Erfahrungsinhalten und deren Gliederung durch die Ichheit. Diese
Konkretisierung der reinen Anschauung auf Zeit und Raum war
8