Full text: Einführung in die Buchkunde

100 I.Buchgeschichte 
Die Reformation (1519) brachte Nüchternheit auch auf dem 
Gebiete des Buches. Die aufklärenden Schriften sollten rasch er« 
scheinen, sollten sich auch weit verbreiten und mußten daher 
billig sein, die Pamphletliteratur setzt ein und macht sich bald 
recht bemerkbar. Dennoch ist der Schönheitssinn noch nicht ganz 
ausgestorben, und auch bei den Druckern der protestantischen 
Richtung erscheint so manche hübsche Bibelübersetzung. 
Die vorzüglichsten Erscheinungen der zweiten Hälfte des 
XVI. Jahrhunderts sind Plantin und Elzevir, zwei Druckerfirmen, 
die Korrektheit des Textes und schöne gefällige äußere Form in 
jedem einzelnen Fall anstrebten. Sie brachten den Kupferstich 
vollends zu Ehren, der den in der zweiten Hälfte des XVI. Jahr- 
hunderts absterbenden Holzschnitt ersetzte. 
Wir stellen hier einige Worte über den Buchdruck in Rußland 
voran, dessen Anfänge in dieses Jahrhundert fallen. 
Die ersten Drucke, die in Rußland erschienen, sind die des 
Prager Druckers Dr. Franz Skorina, der zu Wilna in Litauen im 
Jahre 1525 die Apostelgeschichte in kirchenslawischer Sprache, 
darauf den Psalter, ein Horologium und ein Heiligenleben er- 
scheinen ließ. 
Der eigentliche russische Buchdruck aber datiert vom Jahre 1564. 
1552 schickte König Christian II. von Dänemark einen gewissen 
Hans Missenheim oder Bogbinder zu Iwan IV., um diesen zum 
Protestantismus zu bekehren. Zu den Gesellen dieses Missenheim 
zählte auch Iwan Fedorow, der erste russische Buchdrucker. 
1553 gründete der Zar die erste Druckerei in Moskau, die „Pe- 
tatnyj dvor‘“, Druckhof, aus der am 1. März 1564 die „De&janija 
apostol’ska. I poslanija i svjatago apostola Pavla poslanija“ (d. i. 
die Apostelgeschichte, die katholischen Briefe und die Briefe des 
Apostels Paulus) in 267 Blättern mit dem Bild des Evangelisten 
Lukas hervorging. Der Druck hatte am 19. April 1563 begonnen. 
Im Kolophon sind als Drucker Iwan Fedorow und sein Gehilfe 
Petr Timofeev Mstislavec genannt. 
Die Kunst Fedorows fand in Rußland viele Gegner, nicht nur 
die‘ Handschriftenschreiber, die ihr Geschäft bedroht sahen, son- 
dern auch die Geistlichkeit, die die Verbesserungen in der Apostel-
	        
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