Full text: Einführung in die Buchkunde

286 IV. Einband 
Demetrio Canevari (1559—1623), der päpstliche Leibarzt, 
liebte es, seine Bände mit einem in der Mitte der beiden Deckel 
eingepreßten Medaillon in Relief, Apollo mit dem Sonnenwagen, 
versehen zu lassen, Cameo-Bände. Diese Einbände dürften in Rom 
hergestellt sein. 
In Frankreich sind es die prachtliebenden Könige, der Hofstaat, 
die reichen Bibliophilen, von denen Grolier als der berühmteste 
schon genannt wurde, deren Kunstsinn und Freigebigkeit das Ge- 
werbe und seine Entwicklung wesentlich förderten und den Wett- 
eifer der Buchbinder anspornten. Auch die Verleihung der Würde 
eines Hofbuchbinders an besonders geschickte Meister trug dazu 
bei, Technik und Verzierungskunst zu heben. Es bildeten sich 
verschiedene Arten der Deckelverzierung aus, die in feiner Ver- 
goldung ausgeführt und dann im übrigen Europa vielfach nach“ 
geahmt wurden. So z. B. zu Anfang des XVI. Jahrhunderts unter 
König Franz I. das Streumuster, bei dem das ganze Deckelfeld 
mit kleinen Goldstempeln, einer Lilie, einem Wappen, einem Buch- 
staben oder Monogramm in. schief untereinandergesetzten Reihen 
bestreut war (franz. sem€). Auch diese Bände zeigen das pla- 
stische Bandwerk. 
Um 1570 erfand der Buchbinder Jean Cousin eine Verzierungs- 
art, die aus feinen Spirallinien in Golddruck bestand, aber erst 
im XIX. Jahrhundert durch einen Zufall den Namen Fanfaren- 
stil erhielt. 1830 ließ nämlich der französische Bibliophile Char- 
les Nodier ein Werk seiner Bibliothek, Les Fanfares et Courvees 
abbadesques, nach alten Mustern in dieser Weise verzieren, und 
dieser Buchtitel gab der ganzen Stilgattung den Namen. 
Unter Ludwig XIII. (1610—1643) kommen zum erstenmal die 
fers pointill&s, die punktierten Eisen, vor, bei denen die Li- 
nien nicht durch Striche, sondern durch eine Reihe von Punkten 
dargestellt werden und dadurch fein und zart wirken. Dieses 
Muster wird auf den Buchbinder Le Gascon zurückgeführt, dessen 
Name 1622 zuerst genannt wird. 
Um 1665 tritt das Fächermuster (ä l’Eventail) auf, das:jedoch 
weniger in Frankreich als in Deutschland zur Auwendung kam. 
Besonders für die Ausfüllung der Ecken eignete sich die Zeich- 
nung in Fächerform sehr wohl.
	        
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