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Der erfte diefer Südländer war der Venetianer Francesco Chiaramela de Gandino. Schon 1562 in
kurfürftlichen Dienften und zwar als Feftungsbaumeifter zunächft für Spandau, wurde er. 1569 zum Ritter
gefchlagen; den Winter 1572/73 ging er nach Italien zurück und erhielt im folgenden Frühjahr (9. Juni) ein neues
Patent als kurfürftlicher Baumeifter mit taufend Thalern jährlichem Gehalt und Naturallieferungen; für jene
Zeit’eine felten hohe Befoldung. Am Berliner Schloffe hat er nicht gebaut. Er wurde entlaffen (21. April 1578),
als der gefeiertite ‘aller im Norden abenteuernden Italiener des fechzehnten Jahrhunderts, Rocco Guerini
Graf Lynar, fich dem Kurfürften zur Dispofition ftellte. Ohne hier auf den vielbewegten Lebenslauf diefes
Mannes einzugehen, über den Nicolai ausführlich berichtet, fei nur hervorgehoben, dafs Lynar’s Bedeutung
lediglich auf dem Gebiete der Kriegsbaukunft liegt; was er als Künftler, richtiger als Civilbaumeifter, geleiftet,
it völlig untergeordnet, ja am Berliner Schlofs ‚ift gerade‘ der 'unerfreulichfte aller erhaltenen älteren
Theile fein Werk.
Mit feiner Ankunft beginnt ein neuer Abfchnitt der Bauthätigkeit. Die erfte Nachricht davon giebt
ein Brief Kurfürft Johann Georg’s an Auguft von Sachfen vom 9. November 1579 d. d. Spandau, worin er bittet
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Stuckdecke vom Ende des 16, Jahrhunderts.
ihm in den Aemtern Freiberg, Auguftenburg und Chemnitz, in denen Maurer überzählig {eien, etwa dreifsig
derfelben gegen einen Wochenlohn von fechs und zwanzig bis dreifsig Silbergrofchen zu engagiren, diefes
Engagement aber noch vor Weihnachten auszuführen, damit die Leute nicht für den kommenden Sommer
andere Arbeit annähmen. Er motivirt fein Verlangen mit dem Umftande, dafs die Berliner Maurer nur mit
Ziegelfteinen umzugehen verftänden, aber nicht mit »Brüchfteinen und Gehirn«. Diefe Angabe geftattet
den Rückfchlufs, dafs auch zur Zeit des Caspar Theifs, an deffen Bau ungleich mehr Werkftücke zu ver-
(etzen waren, die Gefellen aus Sachfen kamen. Die Sandfteine wurden für diefen wie für alle folgenden
Bauten in Dresden und Pirna bearbeitet und dann zu Schiff nach Berlin gebracht. Sobald das Frühjahr es
erlaubte, begann die Einrichtung des »dritten Haufes«, des noch ftehenden hohen Quergebäudes zwifchen
beiden Höfen. Es ift ein völlig fchmucklofes und in den Proportionen häfsliches Werk, deffen beide unteren
Gefchoffe gewölbte Säle für Verwaltungsbureaus enthielten, während die beiden anderen Stockwerke zu
Quartieren für Fremde und für zum Hofftaat gehörige Perfonen beftimmt waren. Den Abfchlufs‘ bildete
urfprünglich ein hohes Dach mit fteilen ganz einfachen Giebeln, und erft in der zweiten Hälfte des fieb-
zehnten Jahrhunderts wurde an feiner Stelle das heutige fünfte Gefchofs aufgefetzt. Die Faflade nach dem
inneren Hofe it i. J. 1873 in üppigfter Verwendung von Gipsornamenten reftaurirt worden, der nach