Full text: Das königliche Schloss in Berlin

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dort als Gehilfe zu feinem Landsmann Michael Mathias Smids*). nach Berlin kam, wiffen wir; in diefer 
Stellung wird er 1675 zuerft erwähnt. Smids war” Ingenieur, Waffer- und Schiffsbaumeifter, auf welchen 
Gebieten er fich manche Verdienfte erworben, Künftler war er nicht, kann alfo auch nicht als der Lehr- 
meifter Nering’s angefehen werden. Diefer überflügelte ihn denn auch fchnell, und wennfehon ein Theil 
der Bauten am Berliner Schlofs fpäter noch unter dem Namen des älteren Architekten ging, fo hat offenbar 
der Affiftent das Befte daran gethan. 
Nering felbft war nichts weniger als ein aus der freien Fülle feiner Phantafie fchaffender Architekt. 
Was irgend an geniale Schwungkraft und an geiftreiche Gedanken erinnert, war ihm fremd. Er ift ein 
Kind der etwas nüchtern-profaifchen holländifchen Richtung, und felbit dies berückfichtigt, bleibt er hinter 
feinem grofsen Landsmann van Campen zurück. Er {chafft nur in den erlernten Regeln, ftreng und gewiflen- 
haft in der Form, aber gerade deshalb auch ohne barocke Sprünge. Die herkömmlichen Gefetze, wie er fie 
in feiner Heimath erlernt und wie fie die damals gangbaren Lehrbücher predigten, hat er fich zu eigen gemacht 
und trägt fie mit richtigem Sinn für Proportion und Maffenwirkung, überhaupt mit Gefchmack vor. Ebenfo 
gefchickt und durchaus felbftändig ift er in der Verwerthung älterer Mufter, wie er fie, wenn er nicht {elbf in 
Italien gewefen, aus den Sammelwerken eines Palladio, Serlio, Rubens und Sandrart kennen gelernt hatte. 
Gerade in diefem gewiffenhaften Anfchlufs an Vorbilder der befferen Zeit liegt Nering’s Werth in einer 
Periode, die immer mehr und mehr den Gefetzen der Architektur fpielende Willkür entgegenfetzte. Als fein 
glänzendfites Werk gilt mit vollem Recht das Berliner Zeughaus; freilich vergifst man meift, dafs’ diefer 
Bau nicht ihm, fondern erft Schlüter feine Hauptwirkung verdankt, feit diefer den Schwerpunkt der Faffade 
in den prachtvollen plaftifchen Schmuck verlegte, während Nering’s im Einzelnen wohlgeordneter Entwurf 
in dem Werke von Broebes in der Gefammtwirkung ziemlich nüchtern erfcheint. / 
Unmittelbar nach dem Frieden von St. Germain wird feine Thätigkeit'am Schloffe deutlicher fichtbar. 
Von 1679—81 erbaute er parallel mit dem Joachim’fchen Flügel auf dem heutigen Schlofsplatz, dem ehemaligen 
Tournierplatz (Stechbahn), einen bedeckten Gang mit Kaufläden. Es follte damit in nächfter Nähe des Schloffes 
ein Mittelpunkt des Verkehrs und eine auch bei Regenwetter gefchützte Promenade gefchaffen werden, ähnlich 
wie die Hofarkaden in München es noch heute find. Die Architektur mit ihren fchlichten toskanifchen Pilaftern 
und dem entfprechenden Gebälk war einfach genug. Aehnliche Verkaufshallen entftanden bald darauf an der 
Nordfeite des Schloffes neben dem fpäter durch Schlüter’s Mifsgefchick fo bekannt gewordenen Münzthurm. 
Beide Werke find untergegangen. Auch von dem Alabafterfaale, einem für befondere Ceremonien und 
Staatsaktionen hergeftellten mächtigen Saale auf dem niedrigen Gebäude, welches die Fortfetzung des 
Lynar’fchen dritten Haufes bildete, ift heut nur noch das Schema der architektonifchen Gliederung erhalten. 
Friedrich der Grofse richtete in demfelben das Schlofstheater ein; im Anfang unferes Jahrhunderts wurde 
dies wieder entfernt, und der arg befchädigte Raum in zwei Gefchoffe getheilt, überweifst und als Möbel- 
und Bildervorrath benutzt. Die architektonifche Gliederung mit gepaarten korinthifchen Pilaftern, die Nifchen 
für Statuen zwifchen fich haben, während die gröfseren Intercolumnien für Gemälde und Lichtöffnungen 
beftimmt find, ift von einem Saale des Stadthaufes in Amfterdam entlehnt. — Die Nachrichten laffen uns 
im Ungewiffen, wie weit Smids, auf deffen Namen der Bau ging, felbftthätig dabei eingriff. Man möchte 
dem Schiffsbaumeifter das geradezu unwürdig nüchterne Aeufsere, welches deffen fonftigen beglaubigten 
Werken ziemlich entfpricht, zufchreiben, während das Innere mehr den Nering’fchen Kunftcharakter trägt. 
Intereffanter als diefer zerftörte Raum find. weil erhalten, die Baulichkeiten der Waflerfeite. Zu- 
*) Geb. 1626 zu Rotterdam, geft. 1692 zu Berlin, feit 1652 Hofzimmermeifter und Schleufenmeifter, 1653 Hofbaumeifter.
	        
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