Dritte Periode 1697—1840.
/ Es brauchte wahrlich nicht erft ein Fürft zu kommen, dem der äufsere Apparat feiner Würde fo
{ehr ernft war, wie dem Kurfürften Friedrich III., um diefem Conglomerat von zum Theil baufälligen und in
flüchtiger Eile ausgeführten Gebäuden gegenüber den Plan eines Umbaues der ganzen Anlage zu faffen. Schon
der grofse Kurfürft hatte hieran gedacht, und das damals entftandene Project ift wenigftens in einer perfpec-
tivifchen Anficht auf uns gekommen; es zeigte, wie alle Bauten diefes Fürften, den holländifchen Einflufs.
Den Grund, weswegen das beabfichtigte Unternehmen nicht zur Ausführung kam, wird man in den fehlen-
den Mitteln zu fuchen haben. : Die Kunftgefchichte hat dabei nur gewonnen, da durch diefen Auffchub erft
Schlüter’s Thätigkeit ermöglicht wurde. Ebenfo war es ein günftiges Zufammentreffen, dafs ziemlich
zu demfelben Zeitpunkt, wo Friedrich III. den Schlofsbau in Angriff nehmen wollte, der alte Oberbau-
direktor Nering plötzlich. ftarb (21. October 1695). Bei aller Anerkennung der Verdienfte diefes Mannes
läfst fich doch nicht leugnen, dafs unter feinen Händen in Berlin nur eins mehr jener zahlreichen künft-
lerifch nicht gerade hervorragenden Schlöffer ‚entftanden wäre, wie fie eine ganze Reihe deutfcher Städte
aus jenen Jahren befitzt. Nach feinem Tode aber gab es unter den Berliner Architekten überhaupt Nie-
manden, der auf irgend welche, das Mafs des Mittelmäfsigen überfchreitende Bedeutung Anfpruch machen
konnte. Es waren praktifch tüchtige und erfahrene Leute, wie befonders Grünberg und Behr, die auch zur
Noth nach vorhandenen Plänen einen reicher ausgeftatteten Bau zu Ende führen, aber nie einen folchen
concipiren konnten.
So war es wohl kein blofser Zufall, daß Schlüter, der urfprünglich nur als Hofbildhauer angeftellt
war, 1. J. 1696, alfo kurze Zeit nach Nering’s Tode, zum erften Male als Architekt in Berlin auftritt, als
ihm der Bau des Schloffes Charlottenburg übertragen wurde. Diefe Schlüter’fche Leiftung aber zeugte bei
aller Einfachheit {fofort von einer künftlerifchen Erfindungskraft, die über die Grenzen der bisher in Berlin
üblichen architektonifchen Ideenwelt hinausging. Die glückliche Bekundung feines Talentes aber gerade in
einer Zeit, wo es dem Berliner Hofe an baukünftlerifchen Kräften fehlte, war es wohl, welche dem jungen
32jährigen Manne das Herantreten an die grofse Aufgabe des Schlofsbaues ermöglichte, nicht aber eine
Reihe von Palaftbauten, welche er angeblich in früheren Jahren fchon in Warfchau gefchaffen hatte.
Leider fehlen über Schlüter’s Lehr- und Wanderjahre die Berichte, {fo dafs wir zu einer Reihe
immerhin mifslicher Combinationen und Vermuthungen gezwungen werden. Diefe machen es nun währfchein-
lich, dafs das Charlottenburger Schlofs überhaupt fein erftes gröfseres architektonifches Werk war. Andreas
Schlüter wurde, nach Adler’s Ermittelungen, am 20. Mai 1664 zu Hamburg als der Sohn des Bildhauers
Gerhard Schlüter geboren und gelangte früh mit feinen Eltern nach Danzig. Anfänglich wohl vom Vater
im eigenen Berufe unterwiefen, kam er nachher in die Werkftatt von David Sapow (Sapovius), den der
dankbare Schüler fpäter nach Berlin berief, um ihn am Schlofsbau zu befchäftigen. Vermuthlich wandte