Full text: Das königliche Schloss in Berlin

Nur darf man nicht von einem »Sturze« Schlüters fabeln. Es ift faft felbftverftändlich, dafs ihm 
die Leitung eines Baues genommen wurde, der durch feine Schuld in einem Haupttheile einzuftürzen drohte 
und deshalb abgetragen werden mufste, bei dem alfo nicht nur die Arbeit einer Reihe von Jahren, fondern 
auch der erhebliche Koftenaufwand dafür verloren war, wo doch die Gelder zum Schlofsbau überhaupt nur 
mit Mühe aufgetrieben werden konnten. Dies war aber auch die einzige, dem Fernerftehenden fichtbare 
Strafe, die ihn traf; Niemand forderte ihn zur Rechenfchaft darüber, dafs er mindeftens aus Selbfttäufchung 
und Unkenntnifs den König Jahre lang in falfchen Berichten über den Stand der Sache getäufcht; es ift dies das 
deutlichfte Zeichen der feiner künftlerifchen Bedeutung gerade von dem Monarchen zu Theil werdenden 
Anerkennung. Auch war feine Entfernung von der Bauleitung keine plötzliche, fondern geschah, wie. es 
(cheint, erft nach einigen Monaten; die Ausführung eines anderen begonnenen Baues, des Freienwalder 
Schloffes, fowie der Titel eines Baudirektors blieben ihm nach wie vor, ebenfo feine Stellung als Hofbildhauer 
und Mitglied der Academie. Er fcheint fogar die Bildhauerarbeiten für das Schlofs nach wie vor geliefert 
zu haben, wenigftens wird ihm allgemein die Decke der unten zu befprechenden Eofander’fchen Bildergalerie 
zugefchrieben. Wenn fo auch in dem gegen Schlüter beobachteten Verfahren eine bewufste Schonung des 
grofsen Künftlers felbft nach feinen fchweren Verfchuldungen zu erkennen fein dürfte, fo traf die Sache ihn 
deshalb kaum minder fchwer. Gerade er hatte jeder Zeit das künftllerifche Können weit über alles technifche 
Wiffen geftellt und fah nun einen verfatilen, aber in feinen Augen unbedeutenden Mann an die Stelle treten, 
für die er felbfit unbrauchbar. erklärt wurde. So rückfichtsvoll man ihn auch äufserlich behandelte, die 
Gunft des Königs, welche er bis dahin, wie Einzelheiten in den Akten erkennen laffen, in reichem Mafse 
befeffen, hatte er verfcherzt und damit die Hoffnung auf fernere grofse Aufgaben. Und mehr als das 
Alles, fein künftlerifches Selbftgefühl, das freudige Zutrauen, welches feine bisherigen Arbeiten ausge- 
zeichnet, hat er, fcheint es; feit jenen Tagen der fchweren Sorge ein für alle Mal verloren. 
f 
Schlütn Nachfolger, Johann Friedrich von Eofander*), ein geborener Schwede, war fchon um 
1692 an den Brandenburgifchen Hof gekommen und wurde einige Jahre fpäter zum Studium der Architektur 
auf kurfürftliche Koften nach Italien und Frankreich gefandt, von wo er fpäteftens zu Anfang 1699 zurück 
1710. Wie oben. Wie oben. 
1711. Wie oben. Wie oben. 
1712. Wie oben. Wie oben. 
1713. Titel wie oben, Wohnung vor dem Köpnicker Thore in Wie oben- 
feinem Gartenhaufe. 
Die fchwankenden Adelsprädikate bei beiden Männern beruhen nur auf einem Irrthum des Redacteurs; Schlüter war bürger- 
lich, Eofander von Adel. 
*) Er felbft {fchreibt fich ftets „d’Eofander genandt Göthe‘“, während er von Anderen nur „von Eofander‘““ genannt wird. 
Ausführliche Nachrichten über fein Leben fiehe bei Nicolai a. a. O.
	        
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