Full text: Das königliche Schloss in Berlin

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Se. Kgl. Mayft. in Preufsen etc. befehlen dero Brigadier, dem von Eofander, wie ingleichen dem Obrift- 
Lieutenant Decrolles hiermit in gnaden, und zwar jenem alle in feiner Verwahrung und unter feiner Auf- 
ficht annoch habende Rifse und Desfeins itzterwähnten Decrolles foforth pflichtmäfsig auszuantwortten, diefem 
aber folche in Empfang zu nehmen, den Brigadier von Eofander darüber zu quitiren und felbige woll zu 
afserviren und zu verwahren. 
A Ve Printz. 
Leider ift es nicht gelungen einen Bericht Decrolles’, dafs die Uebergabe erfolgt fei, oder etwa ein 
Inventar des Uebergebenen in den Archiven aufzufinden. Da aber von den fämmtlichen Bauzeichnungen und 
Entwürfen unter Friedrich I. aufser. den wenigen im Text erwähnten nicht ein Blatt erhalten, und da fich bald 
herausftellte, dafs Eofander bei feinem Abgange eine Anzahl werthvoller Miniaturgemälde, die ihm der König 
übergeben, um fie faffen zu laffen, unterfchlagen hatte, da er endlich noch 1718 wegen der Veruntreuung 
wichtiger Zeichnungen, Karten und militairifcher Papiere zur Verantwortung gezogen wurde, fo liegt die Ver- 
muthung nahe, dafs er den wichtigften Theil der Archivzeichnungen, namentlich die von Schlüter herrühren- 
den, Decrolles vorenthalten habe. Meine Nachforfchungen über den Verbleib derfelben'an den Orten, wo Eo- 
(ander fpäter gelebt, in Frankfurt am Main und Dresden, find leider erfolglos geblieben. 
Wo immer aber auch die Beftände des ehemaligen Bauarchives ihr Ende gefunden, das beklagens- 
werthe Ereignifs bleibt für uns beftehen, dafs fich abgefehen von jener flüchtigen Skizze aus den Tagen der 
Sorge des Jahres 1706 kein Blatt von Schlüter’s Hand erhalten hat. Es if dies um fo bedauerlicher, als 
fich bei keiner der Bildhauerarbeiten im Schloffe fein Antheil an der Ausführung genau beftimmen läßt. 
So wird man die zahlreichen, mehr oder weniger decorativen Arbeiten zur Charakteriftik feines Stiles nur 
mit Vorficht heranziehen dürfen; dafs er freilich die meiften Modelle geliefert, fagt er felbfit; in der Aus- 
führung aber find die Arbeiten, je nach der Begabung der einzelnen Gehilfen, ungemein verfchieden. Hier 
und da glaubt man mit einiger Sicherheit die Hand des italienifchen Manieriften Simonetti zu erkennen, 
anderes wieder bildet eine Gruppe für fich, die fich bei ungemein flotter lebensvoller Zeichnung und einer 
etwas üppigen Formgebung der übrigens wohlproportionirten Körper, durch eine nach den Sitten der Zeit 
ziemlich volle, wenn auch keineswegs baufchige Gewandung auszeichnet, und die man, unterftützt von der 
Tradition, auf Schlüter felbft zurückführen mufs.. Dahin rechne ich, das Relief auf Tafel 32, ebenfo das auf 
Tafel 13 und fein Gegenftück, die vier Thürobertheile im Ritterfaale u. A. 
Bei Eofander’s Abgang war der innere Ausbau des Weftflügels noch nicht vollendet; er gelangte 
überhaupt nicht in der projectirten Weife zur Ausführung; die Südfront nach dem Schlofsplatz zu aber war 
nur etwa bis zur Höhe des Erdgefchoffes aufgeführt. Die Bauleitung übernahm nach ihm Martin Heinrich 
Böhme. Diefer, ein Schüler Schlüter's, war 1706 auf deffen Verwendung zum Hofbauconducteur ernannt 
worden; in der Münzthurm-Affaire wird fein Name mehrmals genannt, ohne dafs er eine hervorragende Rolle 
dabei gefpielt hätte... Unter Eofander behielt er feinen Poften bei und fcheint diefen bei deffen häufiger 
Abwefenheit von Berlin vertreten zu haben. Er gab, fobald er felbftändig wurde, Eofander’s Aenderungen 
wieder auf und griff auf die Faffadenbildung Schlüter’s zurück. Da diefelbe durch die plaftifchen Zuthaten 
erheblich theurer war als Eofanders Vereinfachung, fo mufs fich die gröfsere Schönheit der Schlüter’fchen 
Theile dem neuen Könige energifch aufgedrängt haben, der bei feiner bekannten, bis in’s Extrem getriebenen 
Sparfamkeit fonft fchwerlich in die gefteigerten Ausgaben gewilligt. haben würde. Das Aeufsere des ganzen 
Baues, wie es durch länger als hundert Jahre unverändert blieb, war endlich i. J. 1716 nach achtzehnjähriger 
Arbeit vollendet. An dem inneren Ausbau aber wurde noch mit Unterbrechungen während der ganzen 
Regierung Friedrich Wilhelms I. weitergebaut, oder geändert. Zum Theil waren es fchon Zerftörungen: wo
	        
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