6
äusseren Oeffnungen des Rades zehnmal kleiner als jene der Leit-
kurvenkanäle, so wird das Wasser bei ersteren ungefähr zehnmal
schneller ausströmen, als bei letzteren. Dreht sich aber das Rad
nicht schnell, so ist die Ausflussgeschwindigkeit am äusseren
Umfang des Rades nicht viel von derjenigen verschieden , die der
Druckhöhe entspricht , die Geschwindigkeit , mit welcher also unter
den angenommenen Verhältnissen der Oeffnungen der Kanäle aus
den Leitkurvenkanälen ausströmt, ist daher ungefähr zehnmal klei-
ner, als sie seyn würde, wenn das Rad nicht vorhanden wäre,
Sind dagegen die äusseren Oeffnungen der Radkanäle gleich
oder grösser als jene der Leitkurvenkanäle , und dreht sich das
Rad sehr schnell um seine Achse, so wirkt das Rad dem Aus-
strömen des Wassers aus den Leitkurvenkanälen nicht nur nicht
entgegen, sondern es begünstiget sogar durch die Centrifugalkraft,
die aus der schnellen drehenden Bewegung entsteht , das Ausströ-
men, und es kann unter diesen Umständen sogar der Fall eintreten,
dass das Wasser mit grösserer Geschwindigkeit austritt , als wenn
das Rad nicht vorhanden wäre.
Hieraus geht hervor, dass die Ausflussgeschwindigkeit des
Wassers aus den Leitkurvenkanälen nicht nur von dem Gefälle,
sondern auch von der Construktion und Geschwindigkeit des Rades
abhängt. Dieses schnellere oder langsamere Ausströmen des Was-
sers kann aber nur dadurch hervorgebracht werden, dass der wech-
selseitige Druck zwischen den Wassertheilchen, in der Richtung
ihrer Bewegung, in der ringförmigen Spalte am inneren Umfang des
Rades mit der Construction und Geschwindigkeit desselben ver-
änderlich ist. Ist dieser Druck gleich dem Druck der Atmosphäre;
so strömt das Wasser so aus, als wäre das Rad nicht vorhanden.
Ist dieser Druck grösser oder kleiner als der atmosphärische , so
strömt das Wasser im ersteren Falle langsamer, im letzteren Falle
schneller aus, als wenn das Rad nicht vorhanden ist.
Aus diesen Erläuterungen geht hervor, dass man von einer
Theorie üher die "Turbine nur dann mit der Erfahrung übereinstim-
mende Resultate erwarten darf, wenn dieselbe die Ausflussge-
schwindigkeit des Wassers aus den Leitkurvenkanälen, so wie
auch den zwischen den Wassertheilchen am inneren Umfang des
Rades herrschenden Druck aus der Natur der Sache für alle mög-
lichen Fälle bestimmen lehrt. Man würde sich sehr irren, wenn
man glaubte, die wirkliche Ausflussgeschwindigkeit bestimmen zu
können, indem man die der Druckhöhe entsprechende Geschwin-
digkeit mit einem gewissen Corrections-Coefficienten multipliziren