Full text: Das Weltbild der Gegenwart

Religion und Sittlichkeit 203 
zwischen Christentum, am meisten noch im Judentum. Kr ist aber 
chentum auch durchaus keine Voraussetzung hoher Religiositäts- 
mit dem stufen. Der Katholizismus ist nicht weniger polytheistisch, 
Ienschen als etwa die griechisch-römische Religion es gewesen ist, 
jer liegt und dennoch ist in ihm außerordentlich tiefe Religiosität 
ıd. semi- vorhanden. Verglichen mit dem Protestantismus, kommt 
1 immer eigentlich ihm allein echte religiöse Kultur zu. Der Pro- 
ligiosität testantismus wächst gleichsam wild, während der Katho- 
lizismus eine im höchsten Maße entwickelte Institution 
ı Erleb- ist. Der Protestantismus kennt religiöses Leben fast nur 
ngen in in individueller Vereinzelung, der Katholizismus ist re- 
in ihm ligiöses Gemeinschaftsleben. Im ersten wird die Reli- 
satz zu giosität zu einem Teile des weltlichen Lebens, beim zweiten 
erschied nimmt umgekehrt die Religion das weltliche Leben als 
sität ist einen untergeordneten Bestandteil in sich auf. Für die 
äischen menschliche Durchschnittsnatur scheint die polytheistische 
t gegen- Form der Religion mit ihren Engeln und Heiligen beider- 
icht als lei Geschlechts, mit der Mutter Gottes, mit kunsterfüllten 
ıchende. Kirchen, mit Blumen und Weihrauchduft, mit Priester- 
zeht von gesang und Gebet in feierlich fremder Sprache eine un- 
an bis gleich stärker religiös erregende Gewalt zu besitzen als 
Sünde, der nüchterne, psychisch viel ärmere Protestantismus. 
Die religiösen Erlebnisse sind aber nicht an den 
lt der Glauben, an die personale Natur Gottes gebunden. In 
;r welt- Indien ist diese Überzeugung nicht herrschend ge- 
bildung worden, und dennoch haben sich dort höchste Stufen 
te Reli- der Religiosität entwickelt. Auch der indische Geist hat 
ältere, nach und nach den Eindruck der erhabenen Furchtbar- 
keit der Gottheit überwunden. An ihre Stelle trat zu- 
igiosität nächst der Eindruck der Fülle des Lebens, der Üppigkeit 
chkeits- des Schaffens ungezählter Geschöpfe. Aber auch dieses 
heismus Erlebnis verblaßte. Immer noch bleibt das Erhaben®e, 
sten im aber es ist nicht mehr das Erhabene des Vernichtens oder
	        
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