Full text: Das Weltbild der Gegenwart

252 Die letzten Probleme 
Wenn ich und ein anderer denselben Begriff, etwa die- 
selbe Rotqualität oder den Begriff der Einheit ins Auge 
fasse, und wir denken wirklich einen und denselben Be- 
griff, so ist derselbe bei uns allen identisch ein und der- 
selbe. Es. gibt nicht zwei qualitativ gleiche Begriffe der 
Einheit, sondern, wenn wir einen und denselben Begriff 
denken, so ist es eben identisch derselbe. Auch ‘Aristoteles 
hat keinen .andern Begriff „Zwei“ erfaßt, sondern nume- 
risch identisch denselben wie wir. So haben wir in den 
Begriffen wenigstens eine Klasse von Bewußtseins- 
inhalten, die uns mit anderen im engsten Sinne gemeinsam 
ist, während die Natur wie die Sinnesinhalte in den ver- 
schiedenen Bewußtseinen zwar unter Umständen qualitativ 
gleichartig, aber vielleicht nicht numerisch identisch sind. 
Ferner: sind die Begriffe unzeitlicher Natur. Unter ihren 
Eigenschaften befindet sich kein zeitliches Merkmal. 
Auch die Begriffe sind übrigens etwas Nichtsubjek- 
tives, nichts Ichhaftes, sondern etwas durchaus und rein 
Objektives. Kein Begriff ist ein Zustand meiner selbst 
oder ein Zustand eines anderen Ich; sondern sie stehen 
mir als ichfremdes Objektives gegenüber, genau so wie 
die Sinnesinhalte. Subjektiver Natur kann nur Kon- 
kretes, eben Zustände bestimmter Iche bzw. diese selbst 
sein. 
Die Zahl der Begriffe ist grenzenlos, unendlich viel 
größer als die Zahl der real existierenden Dinge. Diese 
sind nur eine Auswahl unter den unzähligen denkbaren. 
Das Denken des Menschen ist nicht eingeschränkt auf den 
engen Bezirk des Wirklichen. In freiem Fluge vermag es 
die weiten Räume des Nicht-Gewordenen, ja des Unmög- 
lichen zu durchstreifen. Es ist das Werk der Denker, 
Künstler und Dichter, in diese Sphäre einzudringen. Der 
Dichter wie der Künstler offenbart uns in der äußeren
	        
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