958 Die letzten Probleme
lich, daß wir eine Handlung wegen ihrer Folgen ver-
dammen, aber nicht zugleich auch ihren Urheber als un-
sittlich bezeichnen. Das Strafgesetzbuch läßt wenigstens
in manchen Fällen solcher Art Festung statt Gefängnis-
haft eintreten.
Wie zwischen den ästhetischen Gefühlserlebnissen ein
Rangverhältnis festgestellt werden kann (s. u.), so
besteht ein solches auch zwischen den sittlichen bzw. den
unsittlichen Ichzuständen. Es ist das eine eigentümliche
Relation, die sich nur bei den Ichzuständen findet. Die
sittlichen Ichverfassungen stehen über den unsittlichen.
Sie befinden sich in einem Rangverhältnis, das nicht von
außen an die Zustände herangebracht wird, sondern das
wieder in ihnen selbst gelegen ist. Dieses Rangverhältnis
kann durch psychologische Analyse sofort festgestellt
werden. Es ist keine Theorie oder Hypothese, auch kein
bloßer Glaube, daß die sittliche Gesinnung über der un-
sittlichen steht, sondern eine einfache psychologische
Erfahrungstatsache, und es wird die Aufgabe der Zu-
kunft sein, die Rangbeziehungen zwischen den verschie-
denen ethischen bzw. unethischen Zuständen genau zu
ermitteln.
Wesentlich verwickelter als auf ethischem Gebiet liegt
das Wertproblem auf ästhetischem. Hier sind es
zumeist nicht Handlungen, menschliche Verhaltungs-
weisen, sondern unseelische Gegenstände, denen gemein-
hin Wert zugeschrieben wird.
Zunächst ist klar, daß die ästhetische Wertquali-
tät eines Dinges nicht eine Eigenschaft an ihm ist, die als
eine wesensgleichartige zu den übrigen anschaulichen
Eigenschaften noch hinzukommt. Es handelt sich um
keinen neuen Sinnesinhalt, durch den sich etwa ein Kunst-
werk von den Nicht-Kunstwerken unterscheidet. Es ist
en