Full text: Das Weltbild der Gegenwart

272 Die letzten Probleme 
sich erhoben. Er befindet sich gegenüber dem nur auf 
die Erlangung materiellen Gewinnes Ausgehenden in 
einem Verhältnis der Überordnung. Merkwürdigerweise 
entbehrt aber die Erkenntnissphäre der Vielfältigkeit der 
Werterlebnisse, die in den übrigen drei Sphären zutage 
tritt. Es gibt hier im Grunde nur ein einziges Wert- 
erlebnis: jenes, das im Streben nach Wahrheit enthalten 
ist. Es ist das gleiche auf allen Gebieten der Erkenntnis. Nur 
die Inhalte, auf die es sich bezieht, sind verschieden. Das 
Wahrheitsstreben ist in allen Fällen dasselbe. Das ist 
wohl auch der Grund, daß man es bisher so oft übersehen 
hat, daß das Erkennen eine selbständige Wertsphäre dar- 
stellt. Psychologisch bemerkenswert ist, daß der Umkreis 
der Inhalte, auf die es sich bezieht, für die meisten Per- 
sonen von vornherein ein engumschriebener zu sein. pflegt. 
Die ästhetische Empfänglichkeit des einzelnen ist in der 
Regel eine weit mannigfaltigere. Die universalen wissen- 
schaftlichen Geister dagegen sind überaus selten. Be- 
sonders auffallend ist die scharfe Trennung, die zumeist 
zwischen geistes- und naturwissenschaftlichem Interesse 
besteht. Es hängt das offenbar zusammen mit der ganz 
verschiedenen Methodik dieser beiden. Wissenschafts- 
gebiete; nur wenige Naturen sind einer solchen psYy- 
chischen Umschaltung fähig, die beim jedesmaligen 
Übergang von dem einen zum andern erforderlich ist. 
Damit sind, wie es scheint, die Gebiete der höheren 
Werte erschöpft, wenn wir die Erlebnisse von Liebe, 
Freundschaft, Verwandtschaft usw. einstweilen zum sitt- 
lichen Gebiete rechnen. (Man könnte sie vielleicht als 
eine besondere Wertsphäre auffassen.) 
Von Werten im eigentlichen Sinne dürfen wir überall 
da, aber auch nur da sprechen, wo der Mensch „höhere“ 
Ichzustände erfährt, wo er auf eine gewisse Höhe empor-
	        
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