310 Die letzten Probleme
Tatsachen der Erfahrung denken; weil diese eben das
Einzige sind, was wir überhaupt kennen. Wir sind
dabei freilich nicht genötigt, sie immer genau und ganz so
zu denken. Wir können ihnen Eigenschaften absprechen,
die Erfahrungstatsachen zukommen, wir können andere
ihnen in erhöhtem Maße zuschreiben, aber wir können
ihnen nicht irgendeine Eigenschaft zuerkennen, die nicht
in den Umfang irgendeines aus der Erfahrung stammen-
den Begriffs fiele, da wir andere Eigenschaften überhaupt U
nicht intellektuell zu erfassen vermögen. Wenn es aber Y
so ist, daß wir ganz Unbekanntes nur nach dem Vorbild
von Bekanntem denken können, so ist es theoretisch durch-
aus zulässig, es auch mit der theistischen Hypothese zu
versuchen. Es dürfen für ihre Annahme oder Verwerfung
ausschließlich logisch-sachliche Momente maßgebend sein.
Ich glaube mich aber nicht zu irren, wenn ich sage: Die
inneren Widerstände, welche sich im modernen Menschen
gegen den Theismus erheben, sind im Kern vielfach un-
sachlicher Natur.
Die logische Grundlage für den Theismus ist darin
zu erblicken, daß die einzelnen Teile der Wirklichkeit in
so auffallender Weise zusammenstimmen. Die Welt
macht einen durch und durch geordneten Eindruck, nicht
den Eindruck eines Haufens zufällig ausgestreuter Ma- .
terie. Die Ordnung liegt nicht nur an der Oberfläche, in '
den großen Konfigurationen, sondern je tiefer man in die E
Struktur der Dinge eingedrungen ist, auf desto mehr Ord- F
nung ist man gestoßen. Man kann diese Ordnung‘ nün L
freilich als Tatsache einfach hinnehmen und feststellen, ;
daß die Wirklichkeit eben nicht den Charakter der „Sinn- SO
losigkeit‘“ besitzt, den die mechanische Weltanschauung
ihr zuschrieb, sondern daß ihre Gebilde vor allem
ästhetisch sind, daß aus Anorganischem Organisches; aus